Bayreuth steht in der Pflege gut da

Von Katharina Wojczenko

In Sachen Pflege ist Bayreuth gut bis sehr gut versorgt. Das ist das Ergebnis des Gutachtens, das Seniorenamtsleiterin Udja Holschuh im Stadtrat vorgestellt hat. In manchen Bereichen gibt es sogar mehr Angebot als nötig. Trotzdem wird es in Zukunft Probleme geben, warnt das Rote Kreuz.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Alltagsbegleiterin Laura Kiszewski mit einer Heimbewohnerin. Foto: Andreas Harbach Foto: red

So schaut's aus: Die Stadt ist gut bis sehr gut versorgt, sagt Holschuh. Dem schließt sich Manfred Zehe vom Bamberger Institut Modus an: "Noch nie hatte Bayreuth ein so gutes Ergebnis." Seit 1996 erstellt das Institut zusammen mit der Uni Bamberg alle drei Jahre ein Pflegebedarfsgutachten für die Stadt (siehe Kasten). Dazu schaut es sich die Bereiche ambulante Pflege, Tagespflege, Kurzzeitpflege und stationäre Pflegeeinrichtungen an. Der Bedarf ist derzeit überall erfüllt, großteils deutlich und über Jahre, wenn alles so bleibt, wie es ist. In die Berechnung des Bedarfs fließen unter anderem die Bevölkerungsstruktur und -entwicklung ein. So ist bei den Heimplätzen die Zahl der Über-80-Jährigen entscheidend, bei der teilstationären Pflege die Gruppe der über 75-Jährigen und bei der ambulanten die der über 65-Jährigen.

Nach der Werbung weiterlesen

Dabei gibt es immer eine Spanne. Dass diese zwischen ermitteltem Minimal- und Maximalbedarf so groß ist, erklärt Zehe so: Wichtig ist, wie sich die Angebote der Bereiche ergänzen. Ist in einem Bereich mehr vorhanden, reicht in einem anderen mitunter weniger. Udja Holschuhs Erklärung, weshalb das in Bayreuth klappt: "Wenn Investoren anriefen, haben wir immer darüber gesprochen, ob das zum Bedarf passt." Und: Mittlerweile gebe es in Bayreuth nur noch Anbieter, welche die Standards der gesetzlichen Krankenkasse erfüllten.

Das hat sich geändert: Ein Sorgenkind war in den letzten Jahren die Tagespflege, sagt Udja Holschuh. Jahrelang habe es in Bayreuth nur sogenannte eingestreute Plätze in Pflegeheimen gegeben. Das hat sich mit der Eröffnung der Tagespflege der evangelischen Kirchen im Kreuz und der Tagespflege Lichtblick am Ring geändert. "Die Plätze in solchen Einrichtungen werden deutlich besser genutzt", sagt Holschuh. "Bei Tagespflegeplätzen in Pflegeheimen besteht immer noch eine Schwellenangst." Davor, am Ende doch dauerhaft dort zu bleiben. In den separaten Einrichtungen könne sich das Personal auch ganz anders um die Pflegebedürftigen kümmern, während ihre Angehörigen eine Auszeit nehmen, sagt Zehe. Von den derzeit 53 Plätzen sind 33 in Tagespflegeeinrichtungen.

Das sind die Probleme: Für die Kurzzeitpflege gilt ähnliches wie bei der Tagespflege. Das Angebot ist eigentlich rechnerisch trotz alternder Bevölkerung bis ins Jahr 2035 mit den derzeitigen Plätzen abgedeckt. Weil die Kurzzeitpflegeplätze des Roten Kreuzes aber aber nicht mehr ganzjährig zur Verfügung stehen, gibt es jetzt nur noch die sogenannten eingestreuten Kurzzeitpflegeplätzen in den verschiedenen Pflegeheimen. Ob diese tatsächlich frei sind, hängt von der vollstationären Auslastung ab.

Angehörige müssen jetzt verschiedene Einrichtungen abtelefonieren, wenn sie länger ausfallen oder in den Urlaub fahren wollen. "Die Sommerferien sind schwierig", sagt Holschuh. Sie müssten dann auf den Landkreis ausweichen. Das könnte sich künftig zuspitzen, weil der Bedarf an vollstationären Plätzen steigt. Hier muss die Stadt ausbauen. Holschuh sagt aber auch: "Es ist schwierig für die Träger, sich zu positionieren, weil bei der Pflege-Gesetzgebung vieles im Fluss ist."

Das sagen andere: Der Kreisverband des Roten Kreuzes, der mehrere ambulante und stationäre Pflegeeinrichtungen und Altenpflegeschulen in Bayreuth betreibt, sieht die Versorgungssituation genauso positiv wie das Gutachten. Die Zukunft aber weniger. Schuld ist der Fachkräftemangel, den das BRK als Arbeitgeber seit Jahren spüre. Kreisgeschäftsführer Peter Herzing: "Einer der Gründe ist die fehlende Anerkennung der Altenpflegeberufe. Auch der Nachwuchs an Fachkräften und Fachhelfern nimmt massiv ab.“ In der Berufsfachschule für Altenpflegehilfe startete der Jahrgang 2016 erstmals nur mit der Hälfte der eigentlich nötigen Schüler in die Ausbildung, sagt BRK-Pressesprecher Tobias Schif.

Awo-Vorsitzender und SPD-Fraktionsvorsitzender Thomas Bauske sieht wie das BRK künftig mehr Bedarf bei ambulanter Pflege und Tagespflege. Die Arbeiterwohlfahrt steuere mit einer neuen Tagespflege, dem ambulanten Pflegedienst und dem hauswirtschaftlichen Fachdienst dagegen. Pflegekräfte zu bekommen werde schwieriger, für die Awo aber bisher machbar: "Wir zahlen seit langem Tarif." Dass der Bedarf an Pflegeplätzen aktuell gedeckt sei, habe die Schließung des Seniorenheims Altena im Sommer gezeigt. "Einen extremen Engpass haben wir trotzdem nicht festgestellt." Diakonie und Caritas waren für eine Stellungnahme vor den Feiertagen nicht zu erreichen.

Das hat der Stadtrat beschlossen: Den Bericht und das Gutachten hat er abgesegnet und dazu einstimmig beschlossen, wie die Stadt künftig die Pflegeeinrichtungen finanziell unterstützen wird. Für die stationäre und teilstationäre Pflege gibt es kein Geld mehr --weil die Einrichtungen nach der Restbezuschussung des Mühlhofer Stifts alle auf so einem guten Stand sind, dass das nicht nötig ist. Bei der ambulanten Pflege gibt es weiter bis zu 2.556 Euro Zuschuss pro Vollzeitkraft, wenn eine Einrichtung investieren muss. Zum Beispiel für ein neues Auto, Computer, Miete, Möbel. Sie verpflichten sich im Gegenzug, diese Investitionskosten nicht auf die Patienten umzulegen.

Hintergrund: Die Ergebnisse des Gutachtens

Das Institut Modus und die Uni Bamberg haben vier Bereiche untersucht: Bedarf und Angebot in ambulanter Pflege, Tagespflege, Kurzzeitpflege und stationären Pflegeeinrichtungen in Bayreuth. Stichtag war der 31.12.2015.

In der ambulanten Pflege hat Bayreuth demnach einen Bedarf zwischen 65,9 und maximal 111,2 Vollzeitpflegefachkräften. Tatsächlich sind es 98,7 Vollzeitpflegefachkräfte. Bleibt es dabei, würde das sogar noch im Jahr 2035 reichen, um den ermittelten Mindestbedarf von 91,4 Stellen zu decken.

Zwischen zehn und 36 Plätzen sind rechnerisch derzeit bei der Tagespflege nötig. 2035 steigt die Minimalzahl auf 16, die Maximalzahl auf 53 Plätze -- also genauso viele, wie in der Stadt heute vorhanden sind.

Bei der Kurzzeitpflege sind aktuell zwischen 17 und 25 Plätze nötig. 2035 sollten es zwischen 21 und 33 Plätzen sein. Derzeit sind es 49.

Auch bei den Plätzen in stationären Pflegeeinrichtungen ist das Angebot rechnerisch größer als der Bedarf: Mit 1180 Pflegeplätzen überschreitet Bayreuth die ermittelte Bedarfsobergrenze um 135. Bis zum Jahr 2035 muss die Stadt aber ausbauen. Dann sind zwischen 1176 und 1473 Plätze nötig, besagt das Gutachten.

Lesen Sie auch:

So schaut es im Landkreis Bayreuth aus

Das ist die Gesetzesgrundlage

Zu Seniorenheim Altena

Das komplette Pflegebedarfsgutachten zum Nachlesen