Viele junge Eltern wissen nach Ansicht des Bayerischen Elternverbandes zu wenig über Kindererziehung - ein möglicher Grund für spätere Schulprobleme. Der Verband hat deshalb vorgeschlagen, dass werdende Eltern freiwillig Erziehungskurse besuchen sollten. Modellregion dafür soll Bayreuth werden.
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Von Peter Rauscher
Maria Lampl hat es vor sieben Jahren schon einmal probiert. Damals war die vierfache Mutter aus Bayreuth noch Vorsitzende des Bayerischen Elternverbandes und reichte eine Petition im Landtag ein, das Projekt „Elfe“ umzusetzen. „Elfe“ steht für Eltern lernen früh erziehen. Die Idee: Erziehungskurse für Eltern vor Geburt ihres ersten Kindes.
Anders als andere Hilfsangebote des Staates sollten sich diese Kurse diskriminierungsfrei nicht nur an Eltern richten, von denen der Staat meint, sie seien hilfsbedürftig, sondern an alle Eltern. Dafür sollte ein Anreizsystem geschaffen werden. Gutscheine und Waren für Babybedarf im Wert von 100 Euro bei Teilnahme an den Kursen, gesponsert von der Wirtschaft. Werdende Mütter sollten von ihren Frauenärzten auf das Angebot hingewiesen werden.
„Viele Kinder hätten bessere Chancen auf einen guten Start ins Leben, wenn ihre Eltern solche Kurse besucht hätten“, sagt Lampl. Immer weniger Kinder brächten in Kitas und Schule die nötige Grunderziehung mit. Der Verband beruft sich auf Aussagen des Präsidenten des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbandes (BLLV), Klaus Wenzel, wonach bei immer mehr Schülern Verhaltensauffälligkeiten, Orientierungslosigkeit und Beziehungsprobleme aufträten.
Dies sei nicht die Schuld der Eltern, betont Lampl. Viele wüssten einfach nicht mehr, wie Kinder zu erziehen seien. Erziehungswissen sei in einer sich verändernden Gesellschaft verlorengegangen. Viele Mütter gingen, auch aus finanziellen Gründen, Vollzeit arbeiten und könnten ihr Erziehungswissen nicht ausreichend an ihre Kinder weitergeben.
Zudem hätten sich die Erziehungsziele geändert. „In meinem Erstklässlerzeugnis stand noch: Maria ist willig, brav und folgsam. Wir wollen aber heute keine Kinder mehr, die nur kuschen, sondern welche, die kreativ, selbstständig und wissbegierig sind.“ Wie man Kinder mit diesem Ziel groß ziehe, ihnen gleichzeitig aber auch vernünftige Grenzen setze, wüssten viele Eltern nicht.
Die Petition des Elternverbandes sei damals in irgendwelchen Schubläden der Staatsregierung verschwunden, sagt Lampl, die im Elternverband immer noch für das Elfe-Programm zuständig ist. Das Sozialministerium habe ihr 2015 lediglich empfohlen, eine Modellregion zu definieren.
Die Bayreutherin Lampl hat sich Bayreuth auserwählt. Schließlich habe Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe angekündigt, sie wolle Bayreuth zur kinderfreundlichsten Stadt machen. Demnächst will Lampl mit der Stadt, Landtagsabgeordneten und erneut dem Sozialministerium sprechen. Es geht auch darum, einen Träger und Geldgeber für den Modellversuch zu finden. Lampl veranschlagt Kosten von rund 100.000 Euro im Jahr für qualifiziertes Schulungspersonal, Räume und das Anreizsystem.
Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe begrüßt den Vorstoß Lampls grundsätzlich. Bei den Kosten allerdings wird es schwierig. „Ich sehe insbesondere den Freistaat und den Bund gefordert, die sich ja im Bereich der Frühen Hilfen bereits engagieren. Allerdings reichen die Mittel hier nicht aus“, teilte sie dem Kurier mit.
Doch das bayerische Sozialministerium zeigt sich ebenfalls zugeknöpft. Es sei Pflichtaufgabe von Kommunen, konkrete Angebote wie zum Beispiel Elternkurse vorzuhalten, antwortete eine Sprecherin auf Anfrage. „Eine staatliche Förderung dieser kommunalen Aufgabe ist nicht möglich.“ Der Verband verweist allerdings unter anderem auf seine derzeit laufende Kampagne „Stark durch Erziehung“ , in deren Rahmen es in jedem Regierungsbezirk Expertenvorträge für Erziehungsberechtigte gebe. Am kommenden Samstag kommt die Kampagne nach Oberfranken – allerdings nach Bamberg.
Info: Maria Lampl ist auch Listenkandidatin der Freien Wähler bei der Landtagswahl. Das Projekt Elfe wird sie am Donnerstag, 7. Juni, ab 19 Uhr im Restaurant Nico in der Eubener Straße 15 noch einmal vorstellen. Dort sprechen auch die Freie-Wähler-Landtagsabgeordneten Eva Gottstein und Gabi Schmidt zum Thema Familienland Bayern.