An diesem Tag, einem regnerischen Sonntag, verlassen um 4.30 Uhr die Preußen Bayreuth auf der Suche nach bayerischen Soldaten. Bei Seybothenreuth stoßen sie auf die Leibregiments-Kompanie des Oberleutnants von Aretin, die in Emtmannsberg übernachtet hat. Die jungen Rekruten sind kaum einexerziert oder gar kampferprobt. Bei der Petzelmühle kommt es schließlich zum „Gefecht bei Seybothenreuth“.
Die Petzelmühle liegt zwei Kilometer südöstlich von Seybothenreuth. Sie wird bereits 1692 urkundlich erwähnt. An der südöstlichen Giebelseite des Mühlengebäudes dreht sich um 1860 ein Wasserrad. Vom Laimbach zweigt östlich des Mühlenhofes der Mühlkanal ab. Der im Mühlenhof abgedeckte Kanal und die darüber errichtete Scheune zählen zu den Besonderheiten der Mühlenanlage. Das Gelände südlich der Mühle, bis hin zum Birker Pfarrwald, hat den Flurnamen „Breiter Lettenacker“.
Die Dragoner greifen an
Die Dragoner der II. Preußischen Reservekorps greifen die bayerischen Infanteristen sofort an. Einige Bayern machen den Versuch, sich, so gut es geht zu verstecken. Andere eilen den baumlosen Hügel hinauf, wo der Birker Pfarrwald Deckung bieten könnte. Dicht auf den Fersen folgen ihnen preußische Dragoner. In Windeseile kommt die feindliche Schwadron von Seybothenreuth her angeritten. Auf dem Breiten Lettenacker können sich die Reste der bayerischen Kompanie gerade noch in Gefechtsstellung formieren. Mitten im Weizenfeld beginnt der Kampf. Die bayerischen Rekruten, die das Laden ihrer Gewehre kaum verstehen, haben keine Chance gegen die Angreifer zu Pferd.
Einer der geflohenen Bayern hat sich, offenbar dank seiner Ortskenntnis, ein besonderes Versteck ausgesucht: Den im Mühlhof abgedeckten Mühlkanal mit der darüber errichteten Scheune. Wilhelm Gollwitzer, Autor des 1932 erschienenen Buches „Das Gefecht von Seybothenreuth“ beschreibt, wie er am 20. Juli 1927 im Zuge seiner Recherchen in den Kanal stieg und auf einem Balken unter dem Scheunenboden folgende Bleistiftinschrift findet: „Zur Erinnerung an den 29. Juli 1866, Soldat Johann Müller von Eichschlag“. Eichschlag ist eine kleine Ortschaft bei Seybothenreuth. Der junge Soldat ist zweifelsohne ortskundig, was ihm beim eiligen Suchen eines Versteckes zum Vorteil gereicht.
Laut den Recherchen von Rudolf Huttinger ist der Soldat Johann Müller aber nicht in Eichschlag geboren. Der jüngere Bruder Peter kommt am 18. August 1849 in Eichschlag zur Welt. Die Herkunft seines Vaters Peter Müller ist nicht geklärt. Die Mutter des jungen Soldaten, Kunigunde Müller, geborene Kolb, stammt aus Burghaig bei Kulmbach. Wahrscheinlich zogen die Eltern von Johann Müller erst nach dessen Geburt nach Eichschlag. Noch um 1847 wohnte im Anwesen Nummer 14 eine andere Familie. Vor 1849 ist der Name Müller dort nicht zu finden.
Die Schwester erinnerte sich
Neben seinem Bruder Peter hat Johann Müller noch zwei jüngere Schwestern, Barbara und Kunigunde, die beide am 11. September 1863 in Eichschlag zur Welt kommen. Wörtlich berichtet Kunigunde im betagten Alter, dass sich ihr großer Bruder unter der „Bruck“ (Überdachung des Mühlenhofes) verkrochen hat, „als ihn die Preußen einfangen wollten“. Sie weiß auch von weiteren Soldaten, die sich auf dem Mühlengelände versteckt hielten. Von der Inschrift auf dem Balken spricht sie nie. Wahrscheinlich behielt der Bruder die Angelegenheit für sich.
Aus „Geschichte der Stadt Bayreuth“ ist über das Gefecht zu erfahren: „Der Verlust der Bayern bestand in 3 Todten, welche in Birk beerdigt wurden und 40 Verwundeten, von denen einer bald im Spitale zu Bayreuth starb und ein anderer, dem der Knochen des Oberschenkels zerschmettert war, später seinem Leiden erlag. Die Verwundeten, darunter 3 Offiziere wurden theils im St. Georgen-Lazarett, theils im städtischen Kranken- und Siechenhaus untergebracht.“ Auf preußischer Seite zählte man sieben verwundete Soldaten, sowie acht tote und 28 verwundete Pferde, von denen drei noch am folgenden Tag eingingen.