Bald zwei Euro für den Liter? Ende der Preisspirale nicht in Sicht

Jana Vogel

Tankstellenbetreiber, Taxifahrer und Pendler sind durch hohe Spritpreise gebeutelt

 
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„Die Preise steigen weiter“, mutmaßt Taxifahrer Reinhard Arz. „Wir werden über zwei Euro auch beim Diesel kommen.“ Foto:  

Pegnitz - Peter Kotzbauer weiß fünf Minuten vor dem Rest von Pegnitz, ob die Spritpreise steigen. Zumindest in der Theorie. Ist er gerade nicht im Büro, wenn die Meldung von Shell eintrifft, wird der Firmenchef auch schon mal beim Tanken an der eigenen Zapfsäule vom Preisanstieg überrascht. Noch viel weniger als die täglichen Schwankungen hat er aber die massive Verteuerung von Benzin und Diesel vorhergesehen, die in Deutschland mittlerweile fast ein Allzeithoch erreicht hat. „Dass es so rasant nach oben geht, das habe ich noch nie erlebt“, so Kotzbauer.

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Manche seiner Kunden, erzählt er, nähmen die Preise mit Galgenhumor, andere würden schimpfen, „aber nicht auf mich, sie wissen ja, dass nicht ich das entscheide“. Die meisten aber würden die Situation mit „resignierter Gelassenheit“ hinnehmen. Mitte Oktober übertraf der Dieselpreis mit einem Tagesdurchschnitt von 1,555 Euro pro Liter seinen vorherigen Rekord aus dem August 2012. Auch Super E10 kratzt mit einem deutschlandweiten Durchschnittswert von 1,675 Euro an der Höchstmarke.

„Das ist mit Sicherheit für den einen oder anderen problematisch“, urteilt Peter Kotzbauer. Gerade Pendler, die mehrmals im Monat tanken müssen, seien hart getroffen: „Das sind dann schon mal 40 Euro weniger in der Haushaltskasse, um Essen zu kaufen.“

Hohe Kosten für Taxifahrer

Gravierend ist die Lage aber nicht nur für private Verbraucher, auch manche Unternehmer im Transportsektor stehen vor einer existenziellen Bedrohung. Taxifahrer können beispielsweise die Mehrkosten nicht einfach auf die Kunden umlegen, sie sind an einen festen Tarif gebunden, der mit dem Landkreis ausgehandelt werden muss. Nur bei Fahrten über dessen Grenzen hinweg kann mit dem Fahrgast eine Pauschale vereinbart werden. Kostendeckend arbeiten können die Taxifahrer der Region so nicht. „Der Preisanstieg ist sehr bedenklich“, sagt Reinhard Arz. „Wir brauchen sehr viel Sprit und wir haben im Landkreis sehr viele Leerfahrten zurück zum Taxistand.“ Im Vergleich zu Taxi-Anbietern in größeren Städten koste dies noch mal mehr Zeit und Geld. Daher plädiert der Pegnitzer Taxifahrer auch dafür, dass der Tarif für den Landkreis angehoben wird auf das Preisniveau der Stadt Bayreuth.

„Und damit sind wir wegen der höheren Zahl an Leerfahrten immer noch schlechter dran als die Kollegen.“ Für die Anhebung braucht es aber die Zustimmung des Landratsamtes in Bayreuth. Zwar hofft Arz, dass man dort angesichts der schwierigen Lage ein offenes Ohr haben wird. Ihm zufolge fehlt aber im Landkreis Bayreuth eine starke Lobby für die Taxifahrer, die sich aktiv für eine Tariferhöhung einsetzt. Die letzte Anpassung, schätzt er, ist bereits etwa fünf Jahre her.

Wenig Hoffnung auf ein offenes Ohr hat dagegen Sabine Hopf-Schrüfer. Die Pottensteinerin führt mit ihrem Wagen Krankentransporte durch und erhält dafür eine fest vereinbarte Vergütung von den Krankenkassen. Diese jedoch haben durch die Pandemie selbst große finanzielle Lücken zu stopfen. „Im Moment versuchen die Krankenkassen, Druck auszuüben, dass die Fahrten noch billiger werden, das geht genau in die falsche Richtung“, berichtet Hopf-Schrüfer. Leider gebe es aktuell viele Kollegen, die das bestehende Preisniveau unterbieten würden, um kurzfristig Verträge zu erhalten und laufende Kosten zu decken. „Irgendwann geht das aber nach hinten los“, so die Unternehmerin.

Kosten mindestens ein Drittel gestiegen

Im Vorjahr, als während der Hochphase der Pandemie die Öl- und damit auch die Spritpreise stark gefallen waren, konnte sie für etwa einen Euro Diesel tanken. „Jetzt zahlen wir an den guten Tagen zwischen 1,50 und 1,60 Euro. Unsere Kosten sind mindestens um ein Drittel nach oben gegangen“, sagt Hopf-Schrüfer.

Wären sie und ihr Ehemann hauptberuflich als Fahrer tätig, wäre dies finanziell nicht mehr zu stemmen. So will sie aber weitermachen, „solange es geht“. Immerhin seien sie und ihr Ehemann die letzten Unternehmer in Pottenstein, die noch Transporte anbieten würden. Die anderen beiden hätten schon vor Jahren aufgegeben.

Hilfe von der Regierung erhofft sie sich keine: „Die Verwaltung ist schon derart überlastet, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass Unterstützung kommt“, sagt Hopf-Schrüfer, „und wenn doch, würde man durch die Antragsflut wahrscheinlich gar nicht durchblicken.“

Bei der Alfred Böhm GmbH in Auerbach sieht man etwas weniger pessimistisch in die Zukunft. „Es geht uns zum Glück besser als den meisten anderen“, meint Geschäftsführer Ilhan Altincik. Der Grund: Das Logistik-Unternehmen hat keine Verträge über feste Linien, sondern führt nur Sonderfahrten durch, für die der Preis tagesaktuell ausgehandelt wird. So kann er die steigenden Spritkosten direkt auf die Kunden umlegen. „Die haben auch Verständnis, sie sehen ja, dass nicht wir die Preise hochtreiben“, erklärt Altincik. Überdies könnten seine Firmenkunden die höheren Logistikkosten dann weiter an die Endverbraucher geben.

Dennoch beobachtet auch er den Preisanstieg kritisch. Habe man zuletzt zwischen 65 000 und 75 000 Euro pro Monat für Diesel ausgegeben, seien es nun eher 90 000 bis fast 100 000 Euro. Allein mit einem wirtschaftlichen Boom, bei dem viel Erdöl verbraucht würde, könne man diesen Anstieg der Preise nicht erklären, sagt Altincik.

Möglicherweise wird die Rechnung des Logistik-Unternehmens künftig noch höher ausfallen. „Die Preise steigen weiter“, mutmaßt Taxifahrer Reinhard Arz. „Wir werden über zwei Euro auch beim Diesel kommen.“