Bahnradsport in Paris 2024 Lea Sophie Friedrich kämpft für Silber – bis zum Erbrechen

Dirk Preiß

Einmal Bronze, einmal Silber – so lautet die Bilanz der Bahnradsprinterin Lea Sophie Friedrich. Dabei hatte sie zum Abschluss so richtig kämpfen müssen.

 
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Lea Sophie Friedrich holte in Paris die einzige deutsche Einzelmedaille im Radsport. Foto: IMAGO/Beautiful Sports/IMAGO/BEAUTIFUL SPORTS/Olaf Rellisch

Kristina Vogel war schon lange vor den Rennen von Lea Sophie Friedrich glücklich gewesen. Die zweifache Olympiasiegerin, die seit einem schweren Unfall auf der Radrennbahn im Rollstuhl sitzt, durfte am Sonntag die letzte Wettkampfsession im olympischen Velodrom eröffnen – und wirkte dabei richtig beseelt. Ein Zustand, der sich rund zwei Stunden später wieder einstellte.

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Da hatte Lea Sophie Friedrich zwar gerade auch den zweiten Lauf im Sprintfinale verloren – damit war Gold an die Neuseeländerin Ellesse Andrews vergeben. Die 24-Jährige aus Dassow war aber auch mit ihrer Silbermedaille rundum zufrieden. Und Kristina Vogel klatschte fröhlich Beifall.

„Ich bin mega happy“, sagte Friedrich, nachdem sie mit einer Deutschlandfahne und einer Olympiaflagge auf den Schultern ihre Ehrenrunde absolviert und auch bei ihren Eltern am Rande des Holzovals vorbeigeschaut hatte. „Das ist“, präzisierte sie, „meine erste Einzelmedaille bei Olympia.“ Auf die sie richtig „stolz“ war.

In den beiden Rennen um Gold hatte die Radsportlerin, die in Cottbus lebt und trainiert, recht wenig ausrichten können gegen ihre Kontrahentin. Im Halbfinale hatte Lea Sophie Friedrich aber Kampfgeist bewiesen. Gegen die Niederländerin Hetty van de Wouw verlor sie den ersten Vergleich, sagte sich dann aber: „Nein, Lea, das schaffst du jetzt. Es gibt keinen anderen Weg.“

Im Halbfinale „die Nerven behalten“

In solch einer Situation, meinte sie, gäbe es nur zwei Möglichkeiten. „Entweder man macht sich verrückt und behält die Nerven.“ Oder? „Man behält sie. Das habe ich geschafft.“ Sie glich also erst aus durch den Sieg im zweiten Rennen aus und entschied im dritten Durchgang das Halbfinale für sich. Danach, berichtete sie offen, habe sie sich erst einmal übergeben müssen, „weil ich wirklich alles gegeben habe“. Im Finale hätten ihr dann auch schlichtweg „die Körner gefehlt nach einer anstrengenden Woche“.

In drei Disziplinen war die Sprinterin in Paris ja an den Start gegangen – mit dem Ziel, jeweils eine Medaille zu gewinnen. Das klappte zwar im Keirin nicht, im Teamsprint hatte sie gleich zu Beginn aber Bronze mit Emma Hinze und Pauline Grabosch geholt. Zudem fuhr sie in der Sprint-Qualifikation Weltrekord. „Mein Training funktioniert“, schloss sie daraus – und erklärte: „Das ist wichtig zu wissen.“

Vor drei Jahren in Tokio hatte sie bereits Silber im Teamsprint geholt, war ansonsten aber leer ausgegangen. „Ich war damals schon schnell“, sagte Lea Sophie Friedrich über die Olympischen Spiele in der Japanischen Hauptstadt, „aber vom Kopf her war ich noch nicht so weit wie jetzt.“

Im Velodrome National von Saint-Quentin-en-Yvelines war Sprint-Silber die einzige Einzelmedaille für den Bund Deutscher Radfahrer (BDR), der auch bei den Rennen auf der Straße, im Mountainbike und im BMX leer ausgegangen war. Zum Abschluss am Sonntag fuhr Emma Hinze im Sprint auf Platz sechs, die zweifache Sprint-Weltmeisterin war bereits im Viertelfinale gescheitert – ebenfalls an der späteren Olympiasiegerin Ellesse Andrews. Franziska Brauße wurde im Omnium der Frauen 18.

Im Keirin der Männer lag der erst 20-jährige Luca Spiegel im Halbfinale gut im Rennen – ehe er durch eine Auseinandersetzung zweier anderer Fahrer in Mitleidenschaft gezogen wurde. Er knallte hart aufs Holzoval, gab hinterher aber Entwarnung. Im Platzierungsrennen trat er mit zerrissenem Anzug noch einmal an und wurde Neunter. Danach schwärmte das Talent aus Kaiserslautern: „Wie schnell hier gefahren wird, dazu dieses olympische Flair – es ist magisch.“

Da würde Lea Sophie Friedrich wohl nicht widersprechen. Kristina Vogel sicher auch nicht.