Gottesdienste fielen manchmal aus, wenn die Priester selbst einer Epidemie zum Opfer fielen. Doch Verbote wären allein deshalb schwer vorstellbar gewesen, weil Europas Herrscherhäuser sich zur Legitimation ihrer Herrschaft auf Gott beriefen. So war der protestantische Kaiser Wilhelm II. Oberhaupt der preußischen Landeskirche. In Bayern regierten die katholischen Wittelsbacher bis 1918 noch «von Gottes Gnaden».
Nach traditionellem katholischen Verständnis fehlte einem Herrscher ohne kirchlichen Segen jegliche Legitimation. Dementsprechend war staatliche Hoheit über Kirchenangelegenheiten für den Vatikan unvorstellbar. «Es wäre ein sehr ungerechtes und unbedachtes Unterfangen, die Kirche in der Ausübung ihres Amtes der politischen Gewalt unterwerfen zu wollen», heißt es in der päpstlichen Enzyklika «Immortale Dei» aus dem Jahr 1885.
Oberhoheit des Staates nicht akzeptabel
Für traditionalistisch eingestellte Katholiken ist - ebenso wie für evangelikale Protestanten - auch heute noch eine Oberhoheit des Staats über den Glauben nicht akzeptabel. Nachzulesen ist das im Internet-Forum kath.net: «Wäre noch ein Glaube vorhanden, wäre die Heilige Messe gegenüber dem Staat verteidigt worden», schreibt ein Nutzer namens Diadochus dort in einem Kommentar.
Zu den «Rebellen» zählt auch Franz Xaver Brandmayr, Rektor des Päpstlichen Instituts Collegio Teutonico in Rom. Wenn ein Gläubiger die Kommunion empfangen wolle, werde er das nicht verweigern, so der Geistliche zu den «Vatican News». «Da hört für mich der Gehorsam auf.»