Aus Geldnot gestohlen Serieneinbrecher muss zum Psychiater

Von Manfred Scherer
Foto: dpa Foto: red

BAYREUTH/BINDLACH. Kleine Ursache, große Wirkung: Ein Mann verliert seinen Führerschein und damit auch seine Arbeit. Aus Geldnot greift er zum Hammer und wird nach einer Einbruchserie in Bindlach geschnappt. Nun bekommt er vor Gericht ein Problem, das schwerer wiegen könnte als eine strafrechtliche Verurteilung.

 
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Der 51-jährige Bayreuther saß früher einmal im Gefängnis – wegen eines Tankstellenüberfalls. Das ist aber so lange her, dass der Fall bereits aus seinen Strafakten getilgt ist. Seither lebte er ein ordentliches Leben, zuletzt jahrelang als Kurierfahrer. „Zwölf, 14 Stunden pro Tag“, sagt er. Er war zufrieden mit seinem Job. Doch Anfang 2019 verlor er ihn: Beim Rangieren hatte er ein Verkehrsschild umgefahren, selbst noch die Polizei gerufen. Wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung muss-te er eine Geldstrafe zahlen und – weit schlimmer für ihn: seine Fahrerlaubnis für zwei Monate abgeben.

„Aus Geldnot“, sagt er in seinem Prozess bei Strafrichter Julius Kolb, sei er dann im Frühjahr 2019 Einbrechen gegangen. In der Nacht zum 16. April stieg der Mann im Bindlacher Gewerbegebiet in einen Getränkemarkt ein, wo er laut Anklage 800 Euro Sachschaden anrichtete und aus einem Schreibtisch 3150 Euro Bargeld erbeutet haben soll. Vier Tage danach versuchte der Mann es bei vier weiteren Firmen in dieser Gegend: Jedes Mal ohne Beute, jedes Mal hinterließ er Sachschaden.

Nach dem letzten Einbruchsversuch stellte eine Polizeistreife ihn in der Nähe des Esbachgrabens, wie sein Verteidiger Johannes Driendl sagt: Sein Mandant habe sofort alle Taten gestanden.

In seinem Prozess sagte der Angeklagte auf die Erklärung seines Verteidigers, dass er bestimmt auch von seiner Mutter Geld hätte bekommen können: „Auf keinen Fall hätte ich von meiner Mutter Geld genommen, die hat doch auch nichts. Ich habe Zigaretten gebraucht, dann bin ich Einbrechen gegangen.“

Vom Richter gefragt, wofür er die 3150 Euro aus dem Getränkemarkt ausgegeben habe, reagierte der Angeklagte empört: „Was? 3150 Euro? Es waren genau 450 Euro, neun 50 Euro-Scheine.“

Geständnis, Motiv – der Strafrichter hatte damit alles, was er üblicherweise für eine Verurteilung braucht, jedoch: In seiner Vernehmung bei der Polizei hatte der Angeklagte berichtet, dass er seit Längerem wegen Schizophrenie in Behandlung ist. Täglich bekommt er Medikamente, seit Kurzem hat er einen Betreuer. 

Sowohl der Richter als auch Staatsanwalt wollten den Prozess nicht abschließen: Ein Psychiater soll den 51-Jährigen untersuchen, ob er bei den Einbrüchen womöglich vermindert schuldfähig war. Das bedeutet im günstigen Fall eine geringere Strafe, im ungünstigsten Fall aber eine Zwangsunterbringung in der Psychiatrie.

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