Aus dem Zeugenstand in U-Haft Bamberger Staatsanwalt wirft Robin F. Falschaussage vor

Von Moritz Kircher

BAMBERG / BAYREUTH. Robin F. (23) war nach eigener Aussage auf der Durchreise von seiner Kieler Heimat nach Italien, als er bei einem Zwischenstopp in Bamberg an einem Sommerabend im Jahr 2017 in der Sandstraße Zeuge einer Schlägerei wurde. Eines der Opfer kam nur knapp mit dem Leben davon. Eineinhalb Jahre später landete der Vorfall auf der Bamberger Partymeile vor Gericht. Erst saß Robin F. im Zeugenstand, nun in Untersuchungshaft im Gefängnis in Bayreuth.

 
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Die Staatsanwaltschaft wirft Robin F. vor, vor Gericht nicht die Wahrheit gesagt zu haben. Übereinstimmenden Medienberichten zufolge soll er an entscheidenden Stellen bei seiner Zeugenaussage Erinnerungslücken zur feuchtfröhlichen Nacht vor eineinhalb Jahren haben, die ihm die Staatsanwaltschaft nicht abnimmt.

Insgesamt drei Zeugen beschuldigt

Wegen uneidlicher Falschaussage und versuchter Strafvereitelung ermittelt sie nun gegen den 23-Jährigen, der in Kiel gerade eine Ausbildung zum Koch macht. Doch warum muss man den jungen Mann gleich in Haft nehmen? Das erklärt Matthias Bachmann, Sprecher der Staatsanwaltschaft Bamberg, im Gespräch mit dieser Zeitung: Bisherige Ermittlungen gäben Anlass zum Verdacht, dass Zeugen ihre Aussagen untereinander abstimmten - also Verdunklungsgefahr. Außerdem sieht die Staatsanwaltschaft bei Robin F. auch Fluchtgefahr. Wer sich vor Gericht so offensichtlich falsch verhalte, bei dem könne man auch nicht erwarten, dass er sich ohne Weiteres einem eigenen Verfahren stelle, in dem ihm eine Haftstrafe droht.

Seit dem 14. Februar sitzt Robin F. nun im Bayreuther Gefängnis in Untersuchungshaft. Aus dem Zeugenstand raus hatte ihn Oberstaatsanwalt Otto Heyder abführen lassen. Bei zwei weiteren Zeugen, ein Mann und eine Frau, lief es ganz ähnlich. Der zweite Mann sitze ebenfalls in Haft, sagt Staatsanwaltschaftssprecher Bachmann. Der Haftbefehl gegen die Frau sei ausgesetzt – weil sie ein kleines Kind habe, wie andere Medien zu dem Fall berichten. Aber gegen beide erhebt die Staatsanwaltschaft dieselben Vorwürfe wie gegen Robin F.

Rechtsanwalt von Robin F. empört

Vom Zeugen zum Verdächtigen in einem eigenen Verfahren geworden, hat der junge Kieler mittlerweile den Rechtsanwalt Jan Smollich aus Flensburg an seiner Seite. „Wir sind hier am Rande eines Justizskandals“, sagt der Anwalt im Gespräch mit dieser Zeitung. „Ich bin jetzt seit 26 Jahren Strafverteidiger. Und so etwas habe ich noch nicht erlebt.“ Smollich zeigt sich entsetzt über das Vorgehen der Bamberger Staatsanwaltschaft und des Haftrichters, der die beantragte Untersuchungshaft gegen Robin F. bestätigt hat. „Selbst eine Falschaussage – und da spreche ich ausdrücklich im Konjunktiv – wäre kein Grund, meinen Mandanten zu verhaften.“ Das Vorgehen sei „gegen jede bundesweite Rechtsprechung“. Smollich macht dem Staatsanwalt in dem Verfahren schwere Vorwürfe. „Er möchte sich hier wohl profilieren.“

Die Mutter von Robin F. versteht die Welt nicht mehr. Im sozialen Netzwerk Facebook hat die Familie eine Gruppe mit dem Namen „FreeRob“ eingerichtet und ruft dort zur Solidarität auf. Hilfesuchend hat sich Robins Mutter Juliana F. an die Öffentlichkeit gewandt. In einem Beitrag im Sat1-Frühstücksfernsehen schildert sie, was ihr Sohn ihr über den verhängnisvollen Abend berichtet habe. Er sei in Bamberg unterwegs gewesen. „Er war angetrunken, unbeschwert eigentlich, und kriegte am Rande irgendwas mit.“ Und weiter: „Dass er verhaftet wird, das kann ich bis heute nicht begreifen.“ Es sei ihr bisher nicht gestattet, ihren Sohn in der Haft zu besuchen.

„Er muss gesehen haben, wie die Opfer die Verletzungen erlitten haben“

Was Robin F. in Bamberg mitbekommen haben soll, stellte sich im Nachhinein als Schlägerei heraus, bei der ein Mensch beinahe ums Leben gekommen wäre. Noch heute leide eines der Opfer an massiven Spätfolgen, schildert Staatsanwalt Bachmann. Zwei Männer sind nun in Bamberg des versuchten Totschlags angeklagt. Das Verfahren läuft für die Anklage offenbar schleppend, weil entscheidende Zeugen bisher kaum belastende Aussagen gegen die Angeklagten machen. Einer dieser Zeugen ist Robin F., der ohne Weiteres zum Prozess erschienen war. „Er muss gesehen haben, wie die Opfer die Verletzungen erlitten haben“, schildert Bachmann die Sicht der Staatsanwaltschaft. Sie stützt ihre Annahme unter anderem auf das Video einer Überwachungskamera, das den Zeugen in der Nähe der Tat zeigt.

Welches Motiv soll Robin F. für eine Falschaussage haben? Schließlich kannte er vor dem verhängnisvollen Abend in Bamberg allem Anschein nach weder Täter noch Opfer. „Das kann ich nicht bewerten“, sagt Bachmann. Aber ein Motiv spiele auch keine Rolle. Es sei nur entscheidend, ob Robin F. vor Gericht falsche Angaben gemacht habe. Und da ist der Staatsanwalt eisern: „Er muss den Vorfall gesehen haben.“

Robin F. drohen drei Monate bis fünf Jahre Haft

Bis zu sechs Monate kann die Untersuchungshaft für die festgenommenen Zeugen dauern. Und auf uneidliche Falschaussage, die die Staatsanwaltschaft Bamberg Robin F. und den anderen beiden Zeugen zur Last legt, steht laut Bachmann drei Monate bis fünf Jahre Haft. Beim Strafmaß komme es auch auf den Kontext an, in dem die falsche Aussage gemacht wurde, so der Behördensprecher. Und da es im vorliegenden Fall um versuchten Totschlag geht, sieht Bachmann „keine Chance auf Bewährung“ – sollte Robin F. für das verurteilt werden, was ihm zur Last gelegt wird.

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