Aufmarsch von Rechten befürchtet

Von Kerstin Fritzsche
"Hand in Hand für unser Land": Als "Menschenkette in Bayern" ist ganz harmlos eine Versammlung unter freiem Himmel angekündigt, bei der am 8. November in Schirnding rechtsextreme Kräfte aus Deutschland und Tschechien auflaufen. Verbindungen ergeben sich jedenfalls zu Pegida, den Freien Patrioten Sachsen und der AfD Sachsen - ziemlich unverstellt auf Facebook. Screenshot: kfe Foto: red

Unter dem Motto "Wir helfen beim Grenzbau" soll am 8. November eine deutsch-tschechische Versammlung gegen Flüchtlinge in Schirnding stattfinden. Weil sie vor allem einen Aufmarsch von Rechtsextremen fürchtet, hatten die Grünen eine entsprechende Anfrage an das Innenministerium gestellt, das nun antwortete. Unter anderem läuft gegen den Anmelder der Versammlung, einen Pegida-Funktionär aus Kassel, ein Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung.

 
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Die innenpolitische Sprecherin der Grünen Katharina Schulze hatte die Staatsregierung gefragt, "welche Erkenntnisse sie zur Beteiligung von rechtsextremen Gruppen und/oder Einzelpersonen an der Organisation der Aktion hat, inwiefern zivilgesellschaftliche Bündnisse und die demokratischen Kräfte vor Ort über die Aktion informiert wurden und welche Beratungs- oder Aufklärungsmaßnahmen sie vor Ort gemeinsam mit den betroffenen Kommunen plant".

Ermittlungsverfahren in Kassel

Gegen den Anmelder der Versammlung, einen Michael V., laufe aktuell ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Volksverhetzung, teilte das Immenministerium mit.Weiter ist aber zu lesen: "Eine direkte Beteiligung von bayerischen Rechtsextremisten an der Planung und Durchführung der Kundgebung am 8. November 2015 in Schirnding konnte bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht festgestellt werden. Jedoch wurde im Facebook-Profil des Landesverbandes Bayern der Partei Die Rechte am 23. Oktober durch einen Facebook-Nutzer ein Link zu der Kundgebung am 8. November gesetzt."

Die Rechte steht im dringenden Verdacht, für die in Bamberg geplanten Anschläge verwantwortlich zu sein. Eine Demonstration in Bamberg am 31. Oktober hatte die Gruppierung vor sechs Tagen selbst abgesagt. Zudem hätten sich bereits Neonazis aus Tschechien in Schirnding angekündigt. Selbst das Innenministerium geht "fest davon aus, dass sich Rechtsextremisten an der Versammlung am 8. November in Schirnding beteiligen werden. Ob dies mit Wissen und Wollen der Veranstalter erfolgt, ist bislang nicht bekannt."

Mobilisierung vor allem auf Facebook

Auf Facebook ist die Versammlung ganz harmlos als "Menschenkette in Bayern" angekündigt, für die bereits über 760 Nutzer ihr Kommen zugesagt haben. "Hand in Hand für unser Land" steht dort zu lesen. "Als Zeichen an die Politik, dass wir Grenzkontrollen und eine sichtbare Grenze zurück haben wollen". "Wir" - das ist ein "Verein i.G.", wie im Impressum zu lesen ist. Ein Link führt auf eine dazugehörige Webseite, die angeblich wegen Wartungsarbeiten nicht erreichbar ist und für die man sich anmelden muss. Die Veranstaltung und viele rassistische Beiträge dieser und anderer, ähnlicher Seiten werden aber im Profil von Michael V. geteilt - und umgekehrt.

Unter den Rednern für die Versammlung am 8. November sind aut Facebook-Ankündigung Götz Kubitschek, wiederholt Redner auf Pegida- und Legida-Veranstaltungen in Dresden und Leipzig und Marek Černoch, Mitglied des tschechischen Parlaments.

Ebenso pflegt der "Verein" einen engen Kontakt mit einer Gruppe "Wir helfen beim Grenzbau" Sachsen. Beide Gruppen sympathisieren stark mit der Pegida-Bewegung, der Gruppierung Freie Patrioten Sachsen und der AfD Sachsen. Auf seinem eigenen Facebook-Profil bezeichnet sich der in Kassel lebende Michael V. als Mitglied des Orga-Teams bei Pegida Deutschland. Am Mittwochmittag teilte V. dort auch mit, dass er mit drei anderen Personen im Landratsamt Wunsiedel war, das "Kooperationsgespräch" vorbei sei und die Demo stehe. Das Landratsamt bestätigte die Anmeldung einer Versammlung unter freiem Himmel durch V. mit 500 Teilnehmern. Diese werde jetzt geprüft. Laut Versammlungsrecht sind Versammlungen unter freiem Himmel nur anmelde-, aber nicht genehmigungspflichtig.

Zivilgesellschaft plant Gegen-Demo

Laut Innenministerium plane das Bayerische Bündnis für Toleranz, Demokratie und Menschenwürde schützen eine Gegen-Kundgebung. Beim Landratsamt in Wunsiedel ist aber noch keine entsprechende Veranstaltung angemeldet. Politiker stören sich vor allem an der Instrumentalisierung des Datums. "Die geplante Demonstration von tschechischen und deutschen Ultranationalisten - 25 Jahre nach der Grenzöffnung - ist ein Angriff auf unsere gute Nachbarschaft mit Tschechien", sagte der Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion Fichtelgebirge, Jörg Nürnberger.

„Wer hier mitmarschieren will, muss wissen, dass er gemeinsame Sache mit Rassisten, Neonazis und Rechtsterroristen macht“, warnt die innenpolitische Sprecherin der Landtagsgrünen, Katharina Schulze. Auch die oberfränkische Landtagsabgeordnete Ulrike Gote unterstützt die Bemühungen aus der Zivilgesellschaft, ein breites Bündnis gegen die Versammlung auf die Beine zu stellen. „Der menschenverachtenden Hetze gegen Geflüchtete und Andersdenkende müssen wir geschlossen entgegentreten."

Sechs Tage später Aufmarsch in Wunsiedel

Ruhiger wird es nach dem 8. November im Landkreis Wunsiedel nicht: Am 14. November will zum Gedenken an den Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß die rechte Partei Der dritte Weg erneut in Wunsiedel aufmarschieren. Die Partei ging aus dem verbotenen "Freien Netz Süd" hervor. Ihr so genanntes  "Heldengedenken" veranstalten sie jedes Jahr am Volkstrauertag. Im vergangenen Jahr gingen die Neonazis dabei einer Guerilla-Aktion auf den Leim. Für jeden marschierten Meter spendeten Nazi-Gegner zehn Euro an eine Aussteigerorganisation. Ein Video der Aktion wurde sowohl in Deutschland als auch im englischsprachigen Ausland ein viraler Internet-Hit.

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