Im Sommer habe sich die Einschätzung zu Strommengen der Atomkraftwerke verändert. So habe sich die Lage auf den Energiemärkten verschlechtert. Zudem hätten die Betreiber der Atomkraftwerke Aussagen zu potenziellen Strommengen schrittweise korrigiert, so Habeck. Anders als im März von Betreiberseite noch mitgeteilt worden war, stünden bei einem Streckbetrieb doch zusätzliche Strommengen zur Verfügung. Habeck schlug dann vor, zwei der drei Meiler bis Mitte April 2023 in Reserve zu halten und bei Bedarf weiter für die Stromerzeugung zu nutzen.
Streit in Ampel
Die letzten drei Atomkraftwerke in Deutschland liefen letztlich ein paar Monate länger als ursprünglich geplant - der Atomausstieg verschob sich vom 31. Dezember 2022 auf den 15. April 2023. Davor hatte es nach einem Streit innerhalb der damaligen Ampel-Koalition ein Machtwort von Kanzler Scholz am 17. Oktober 2022 gegeben.
Über ein Treffen zwischen Scholz, dem damaligen Finanzminister Christian Lindner (FDP) und ihm einen Tag zuvor sagte Habeck, Lindner habe damals gesagt, er müsste gezwungen werden, eine Entscheidung zu akzeptieren, die nicht auf eine längerfristige Verlängerung der Laufzeit der verbliebenen deutschen Atomkraftwerke hinauslaufe.
Der Streit im Herbst 2022 drehte sich darum: Die Grünen wollten die beiden süddeutschen Atomkraftwerke Isar 2 und Neckarwestheim 2 bis zum 15. April in Reserve halten und bei Bedarf weiter für die Stromerzeugung nutzen. Das dritte noch verbleibende AKW Emsland hingegen sollte zum 1. Januar 2023 endgültig abgeschaltet werden. Die FDP verlangte angesichts der stark gestiegenen Energiepreise dagegen einen Weiterbetrieb aller drei Kraftwerke bis ins Jahr 2024 und gegebenenfalls die Reaktivierung bereits stillgelegter AKW.
Lindner sagte am Mittwoch im Ausschuss, bei den Grünen sei die Bereitschaft zu undogmatischen Entscheidungen bei der Frage der Kernenergie an Grenzen gestoßen.
Union und FDP sehen Täuschungsmanöver
Der Ausschuss-Vorsitzende Heck warf Habeck vor Beginn der Sitzung vor, es habe nie eine ergebnisoffene Prüfung gegeben. "Im Gegenteil: Es war ein großangelegtes Täuschungsmanöver." Es habe im Wirtschafts- sowie Umweltministerium immer wieder Hinweise und fachliche Einschätzungen von Referenten und Referatsleitern zu der Frage gegeben, ob Kernkraftwerke länger am Netz bleiben sollen. Positive Bewertungen seien, als sie die politische Ebene erreicht hätten, so abgeändert worden, dass sie der politischen Richtung, der Ideologie von Habeck entsprochen hätten.
Der FDP-Politiker Frank Schäffler sagte, es sei deutlich geworden, dass die Grünen das Land "hinter die Fichte" geführt hätten. Sie hätten immer wieder Sand ins Getriebe gestreut, sagte er mit Blick auf Prüfungen zum Weiterbetrieb der Atomkraftwerke.
In den vergangenen Wochen und Monaten wurden bereits zahlreiche Zeugen im Ausschuss befragt. Ein Abschlussbericht, der Stellungnahmen aus allen Fraktionen enthalten soll, soll noch im Februar der Bundestagspräsidentin vorgelegt werden.