Arzt: Küssen verlängert das Leben

Von Katharina Wojczenko

Ist Küssen grandios oder gefährlich? Kommt drauf an, sagt Mark Meinhold (43), Leitender Oberarzt der Hautklinik am Klinikum Bayreuth.

 
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Herr Meinhold, ist Küssen gut oder schlecht für die Gesundheit?
Mark Meinhold: Das kann man so pauschal nicht beantworten. Grundsätzlich ist Küssen aus medizinischer Sicht nicht abzulehnen. Es ist ein gutes Training für das Immunsystem.

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Wie trainiere ich denn knutschend meine Abwehr?
Meinhold: Über das Küssen und den Speichel wird der Organismus mit Keimen konfrontiert, die das Immunsystem prägen und Immunabwehr aufbauen. Schon kleine Kinder stärken ihre Abwehr, indem sie sich Dinge in den Mund stecken. Das gilt genauso für Jugendliche und Erwachsene. An Händen und im Speichel sind die meisten Keime.

Das mit dem Speichel klingt ein bisschen eklig.
Meinhold: So ist das aber. Schlecht ist Küssen nur für Menschen, die wegen einer Grunderkrankung eine Abwehrschwäche haben.

Jugendliche besonders anfällig

Was kann ich mir beim Küssen einfangen?
Meinhold: Grippeviren, Herpes oder die sogenannte Kissing Disease (englisch: Kuss-Krankheit), die im Volksmund als Pfeiffersches Drüsenfieber bekannt ist. Davon bekommt man einen schmerzhaftenRachen und geschwollene Halslymphknoten. Diese Krankheit ist gerade im Jugendalter typisch, wenn auf Partys ein reger Austausch von Speichel stattfindet.

Also lieber trocken küssen?
Meinhold: Mund, mit Zunge, ohne, intensiv – letzten Endes ist die Übertragung völlig unabhängig von der Kusstechnik. Es reicht der reine Kontakt. Der Speichel kommt auch über die Tröpfchen-Infektion zum Gegenüber. Aber nicht jeder, der küsst, bekommt Herpes. HIV wird nicht über das Küssen oder den Speichel übertragen, so wie auch andere Geschlechtskrankheiten.

Ein Sonderfall ist das Zika-Virus. Die Weltgesundheitsorganisation rät Schwangeren in Risikogebieten, nicht zu küssen, weil das Kind sonst mit Missbildungen zur Welt kommen könnte.

Karies vom Küssen?

Was ist die überraschendste Erkenntnis für Laien?
Meinhold: Kinder bekommen offenbar eher Karies, wenn ihre Mütter sie häufig auf den Mund küssen. Forscher haben nachgewiesen, dass sie dadurch eher mit einer Bakterien-Variante in Kontakt kommen, die in ihrem Mundraum vorher noch nicht angesiedelt war.

Allerdings lässt sich nicht sagen, ab welchem Alter das Küssen keinen negativen Einfluss mehr hat. Die Streptokokken-Variante taucht ab einem gewissen Jungendalter später sowieso im Mund auf und die Ernährung spielt auch eine Rolle.

Was ist eigentlich mit den Glückshormonen?
Meinhold: Was das Glücksgefühl angeht, ist Küssen zu befürworten. Beim Küssen werden Hormone ausgeschüttet, die die Lebenserwartung verlängern. Auslöser ist allerdings das Verliebtsein, das Küssen ein Zusatzeffekt.

Haben Sie heute schon geküsst?
Meinhold: Ja, meine Frau heute Morgen zum Abschied. Und ich werde sie wieder küssen heute Abend!