Archäologie Tier-Mumien: Ägypter opferten Millionen heiliger Vögel

Wildlebende Ibisse gibt es heute vor allem in afrikanischen Ländern. Foto: Daniel Karmann/dpa Foto: dpa

Heilige Ibisse wurden im antiken Ägypten zu Millionen geopfert und in Kultstätten gelagert. Der Vogel verkörperte den Gott der Weisheit und Wissenschaft, Thot. Doch wie kamen die Priester vor rund 2500 Jahren an solche Massen an wilden Tieren?

 
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Kairo - Etliche Millionen mumifizierte Vögel finden sich in Kultstätten des alten Ägypten, mitunter stapeln sie sich über Kilometer hinweg in den Katakomben.

Gerätselt wurde bisher, woher die Massen an Heiligen Ibissen (Threskiornis aethiopicus) kamen, die bei Opferritualen vor rund 1800 bis 2700 Jahren getötet wurden. Im Fachjournal "PLOS ONE" vorgestellte Erbgutanalysen weisen nun darauf hin, dass wildlebende Ibisse und keine gezielt über Generationen in Massentierhaltung gezogenen verwendet wurden.

Für ihre Analyse hatten die Forscher um Sally Wasef von der Griffith University in Australien das Erbgut von 40 mumifizierten Ibissen aus sechs ägyptischen Katakomben untersucht. Über einen Vergleich mit der DNA von 26 wildlebenden Ibissen aus zehn afrikanischen Regionen wie Südafrika, Simbabwe, Tansania und Madagaskar bestimmten sie die genetische Vielfalt der heutigen und der vor etwa 2500 Jahren geopferten Vögel.

Die Vielfalt sei in beiden Gruppen ähnlich, berichten die Forscher. Das weise darauf hin, dass wildlebende, höchstens kurz in Gefangenschaft gehaltene Exemplare geopfert wurden - und nicht etwa über Generationen hinweg in speziellen Farmen gezüchtete. Bei gezielter Zucht wäre demnach eine weitaus geringere genetische Vielfalt zu erwarten.

Möglicherweise seien die Tiere von Priestern in ihrem natürlichen Lebensraum - an Gewässern - gefüttert und gezähmt worden oder kurz vor anstehenden Opferritualen gefangen und in Gehegen gehalten worden. "Wenn sie bewusst gezüchtet wurden, dann vermutlich nur für kurze Zeiträume (etwa eine einzige Saison), bevor sie geopfert und beerdigt wurden", erläutern die Wissenschaftler.

Der Heilige Ibis hat weißes Gefieder, einen schwarzen Kopf und ist gut an seinem langen, gekrümmten Schnabel erkennbar. Aus Ägypten verschwand er um das Jahr 1850, heute ist er vor allem in Afrika verbreitet. Im antiken Ägypten galt er als heiliger Vogel, der den Gott der Weisheit und Wissenschaft, Thot, verkörperte.

Die Tiere wurden in den Jahren von etwa 660 vor bis 250 nach Christus massenhaft geopfert und in Grabstätten gelagert. Archäologen entdeckten etliche mumifizierte Vögel in Tongefäßen, die in Katakomben kilometerweit vom Boden bis zur Decke gestapelt wurden - etwa in der bekannten Nekropole Sakkara am Nil. Allein in dieser Anlage seien jährlich Zehntausende Ibismumien deponiert worden, insgesamt rund 1,75 Millionen, so die Forscher. In der Tiernekropole von Tuna el-Gebel seien es sogar vier Millionen - so viele wie von keiner anderen Stätte bekannt.

Mit dem Verschwinden der Art in Ägypten im 19. Jahrhundert dürften die Rituale nichts zu tun haben. Wissenschaftler vermuten eher, dass Bevölkerungswachstum, Städtebau und die Zerstörung von Lebensräumen zum Ende des Heiligen Ibis in Ägypten führten.

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