Ambulanter Dienst muss alles ablehnen
Prioritäten setzen muss auch Marianne Zapf mit ihrem ambulanten Pflegedienst, deren 18 Mitarbeiter ebenfalls voll ausgelastet sind. „Zwölf Anfragen von Ärzten, Kliniken, Patienten und Angehörigen kommen jeden Tag, die wir alle ablehnen müssen“, sagt sie. Weil nun die Awo-Sozialstation schließt und ihre Pflegeverträge gekündigt hat, musste sie wegen der Dringlichkeit der Versorgung der Patienten selber einspringen und eine Nottour bewältigen. „Das ist eigentlich nicht mehr machbar“, sagt sie.
Personalmangel ist schuld
Über die Ursache der Misere sind sich alle drei einig. Es liegt nicht an zu wenig Pflegebetten, sondern an zu wenig Pflegepersonal bei demografisch bedingt immer mehr Pflegebedürftigen. Die Zahl der vollstationären Pflegeplätze in der Stadt stieg nach Angaben des Seniorenamtes zwar in den vergangenen fünf Jahren von rund 930 auf über 1300. Wegen Personalmangels könnten aber nicht alle Betten auch belegt werden, sagt Berghammer. Auch die Awo hatte als Grund für die Schließung ihres Pflegedienstes Personalmangel angegeben. In einer Kurier-Umfrage hatten mehrere große Träger die dramatische Personalnot kürzlich für sich bestätigt.
Angehörige sollen Pflege übernehmen
Man versuche sich über seine Netzwerke gegenseitig zu helfen so gut es eben geht, sagt Berghammer. „Aber kurzfristig sehe ich keine Lösung.“ Was ihm ein Anliegen ist: Er wirbt um Verständnis bei Angehörigen und Patienten für seine Mitarbeiter, die ihr Möglichstes täten. Und er appelliert an die Angehörigen: Sie sollten sich überlegen, ob sie nicht selbst die Initiative ergreifen und zum Beispiel die Möglichkeit nutzen könnten, sich beruflich für die Pflege ihrer Lieben freistellen zu lassen. „Die familiäre Eigeninitiative muss wieder einen höheren Stellenwert bekommen.“ Langfristig aber könne nur eines helfen: Mehr Menschen für den Pflegeberuf gewinnen.