Antisemitische Verschwörungstheorien Bayreuther AfD-Funktionär muss Posten räumen

Von Peter Engelbrecht

BAYREUTH - Nach dem Vorwurf, antisemitische Verschwörungstheorien zu verbreiten, musste ein Beisitzer des AfD-Kreisverbandes Bayreuth seinen Posten räumen.

 
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Der Bayreuther Jürgen O. war Vorstandsmitglied des Kreisverbandes und Administrator der Telegram-Chatgruppe „Corona-Rebellen Bayreuth“. Dort behauptete der frühere Krankenpfleger unter anderem, dass Corona nur ein Deckmantel sei, um „unkontrolliert Migration zuzulassen“ oder die „Wirtschaft zu zersetzen“, berichtete der Bayerische Rundfunk. Nebenbei finde derzeit ein „deutscher Volksgenozid“ statt, also ein Völkermord an Deutschen. Hinter all dem stecke die Regierung. Diese bezeichnete der AfD–Funktionär als „Globalisten-Knechte“.

Verschwörungsmythos
 in der Chat-Gruppe

O. spricht in Beiträgen auch von einer angeblichen „Neuen Weltordnung“. Hinter dem Begriff verbirgt sich ein Verschwörungsmythos, demzufolge die Machtübernahme durch eine globale Elite bevorstehe. Zudem verbreitete er in der Bayreuther Chatgruppe auch Postings des Berliner Verschwörungsideologen Attila Hildmann, der sich selbst als „Ultra-Rechter“ bezeichnet und behauptete, jüdische Familien wollten die „deutsche Rasse auslöschen“.

Der Bayreuther Rechtsextremismus-Experte Markus Müller sagte, der Begriff „Volksgenozid“ sei ein Begriff aus der rechtsextremen Szene. Auch die Äußerung „Globalisten-Knechte“ sei deutlich antisemitisch. Die Chatgruppe „Corona-Rebellen Bayreuth“ umfasse rund 220 Mitglieder. Darunter seien Antisemiten, christliche Fundamentalisten und Anhänger von QAnon, die in den USA Verschwörungstheorien verbreiten. Es seien aber auch besorgte Eltern dabei, die sich um die Maskenpflicht ihrer Kinder sorgten. Die Gruppe insgesamt habe aber keine rechtsextremistische Ausrichtung, betonte Müller. Er beschäftigt sich schon länger mit dem Thema und arbeitete mehrere Jahre für die Bayerische Landeskoordinierungsstelle gegen Rechtsextremismus in München.

Jürgen O. sei Ordner bei den wöchentlichen Kundgebungen der Gruppe „20 plus 1“ in Bayreuth gewesen, die gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung protestiert. Auch beim Auf- und Abbau der Technik habe O. geholfen, berichtete Müller. Bei der jüngsten Stadtratswahl sei er für die AfD angetreten.

"Besetzte Regierungen"

Beim von O. verwendeten Begriff „Globalisten“ handelt es sich um einen von Rechtsextremisten international verwendeten Code, schreiben die Politikwissenschaftler Thomas Grumke und Andreas Klärner. Rechtsextreme würden verbreiten, dass von Juden/Zionisten „besetzte Regierungen“ die Vernichtung von Kulturen, Traditionen und Werten vorantreiben würden.

Jürgen O. reagierte auf die Bitte um einen Rückruf und eine Stellungnahme zu seinen Äußerungen in der Chat-Gruppe nicht. AfD-Kreisvorsitzender Christian Erdelen bestätigte, dass O. am Mittwoch von seinem Amt als Beisitzer im AfD-Kreisverband zurückgetreten ist. Dies sei nach einer Medienanfrage geschehen. Erst dadurch sei der Vorstand auf die Aussagen von O. aufmerksam geworden.

Weiter Mitglied 
in der Partei

O. vertrete zu einem „gewissen Teil Verschwörungstheorien“, räumte Erdelen ein. Er habe Sachen gesagt, „das geht so nicht.“ Die AfD distanziere sich von Aussagen, die mit der Partei nichts zu tun hätten. Der Begriff „deutscher Volksgenozid“ komme aus einer Ecke, mit der die AfD nichts zu tun habe. O. habe eingesehen, dass dies mit seinem Parteiamt nicht vereinbar sei und sei zurückgetreten. AfD-Mitglied sei O. aber weiterhin. Über mögliche Konsequenzen, die bis zum Parteiausschluss reichen können, müsse der Bezirksverband entscheiden.

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