Andrea Balzer gibt noch nicht auf

Von
Andrea Balzer mit selbstgebasteltem Plakat hinter ihrem Haus in Lochau im Jahr 2013. So lange kämpft die Anwohnerin bereits gegen Windräder in der unmittelbaren Nachbarschaft. Bisher allerdings ohne Erfolg. Foto: Archiv/Sarah Bernhard Foto: red

Mindestens drei Jahre kämpft Andrea Balzer gegen die Windräder vor ihrer Haustür. In rund 800 Metern Entfernung soll der Windpark Vogelherd entstehen. Neues Ungemach droht, wenn bei Beginn der Bauarbeiten die Schwertransporter über die schmale Zufahrtsstraße brettern.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Andrea Balzer hat bereits erfolglos gegen die Windräder geklagt: Der Abstand zu ihrem Wohnhaus, die Lärmbelästigung, der Naturschutz - alle angeführten Gründe ließ das Verwaltungsgericht Bayreuth nicht gelten. Ihr Rechtsanwalt Stefan Kollerer beantragte Berufung am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München. "Über die Zulassung wurde noch nicht entschieden", sagte Kollerer am Montag auf Anfrage dieser Zeitung.

Um den Windpark Vogelherd wird seit längerem juristisch gerungen. Inzwischen wurde der Betrieb genehmigt. Sechs Windräder sollen auf Eckersdorfer, zwei Windräder auf Thurnauer Gemeindegebiet, in Lochau, gebaut werden. Aus naturschutzrechtlichen Gründen war und ist der Windpark jedoch umstritten. Die Landratsämter in Bayreuth und Kulmbach hatten sich letztendlich mit der Betreiberfirma Primus geeinigt. Die versprach, in den Artenschutz zu investieren und sich an vorgeschriebene Abschaltzeiten zu halten. Biotope und künstliche Horste sollen entstehen, auf Wespenbussarde und Baumfalken geachtet werden.

Ab wann ist Zehn-H-Regel tatsächlich gültig?

"Geld regiert die Welt", kommentiert Andrea Balzer die Entscheidung. Sie klingt verbittert. Soll sie weiterkämpfen oder aufgeben? Noch immer ist sie überzeugt, dass die von Ministerpräsident Horst Seehofer eingeführte Zehn-H-Regel auch in ihrem Fall anzuwenden ist. Zum Stichtag 4. Februar 2014 seien die Unterlagen für das Landratsamt noch nicht vollständig gewesen, argumentiert sie. Die Bescheide seien erst im Januar 2015 erteilt worden. Der Landesbund für Vogelschutz und der Regionale Planungsverband seien wegen naturschutzrechtlicher Bedenken auf ihrer Seite gewesen, sagt Balzer.

Doch aller Widerstand nutzte bisher nichts. Der Baubeginn sollte nach Angaben der Betreiber im Frühjahr sein. Zuletzt wurden jedoch zwei tote Rotmilane bei Busbach gefunden. Als der Windpark genehmigt worden war, spielten Rotmilane keine Rolle. Weil Vogelschützer sie zuletzt vor gut drei Jahren am Vogelherd gesehen haben. Darum werden die toten Vögel den Bau nicht aufhalten.

Schwertransporte auf enger Dorfstraße

Andrea Balzer will jetzt von Bürgermeister Martin Bernreuther wissen, wann die Transporte über die Straße, vorbei an den Lochauer Wohnhäusern, rollen werden. Am Donnerstag hat sie einen Termin im Rathaus. "Soweit ich weiß, liegt noch kein Bauantrag vor. Doch es könnte sein, dass im Laufe der Bauarbeiten der Hang abgetragen wird", sagt Andrea Balzer. "Dann drohen unsere Häuser abzurutschen." Sie hofft, dass die Privatgrundstücke unberührt bleiben. Notfalls müsse ein Gutachter die Situation bewerten. "Wir haben aber schon ein Vermögen in dieses Haus gesteckt!"

Der Bayerische Verfassungsgerichtshof ist gerade dabei zu prüfen, ob die Zehn-H-Regel verfassungskonform ist oder nicht.  SPD, Grüne und Freie Wähler im Landtag sowie eine Bürgerinitiative hatten dagegen geklagt. Sie fürchten, dass der Ausbau der Windkraft in Bayern damit zum Erliegen kommt. Nur noch 0,01 Prozent der Fläche in Bayern stünde dafür noch zur Verfügung. Der Mindestabstand zu Wohngebieten liegt inzwischen bei einer Entfernung, die zehn Mal der Höhe des Windrats entspricht. Vorher galt das Drei- oder Vierfache oftmals bereits als ausreichend.

Wenn der VGH die Zehn-H-Regel in seinem für den 6. Mai angekündigten Urteil kippt, wird er vermutlich die offenen Berufungen gegen die Landratsamtsbescheide zugunstens des Windparks nicht behandeln. Anwalt Kollerer verspricht sich trotzdem etwas von dem Grundsatzurteil. Denn den Schutz der benachbarten Wohnbebauung habe das Verwaltungsgericht Bayreuth nicht berücksichtigt. Der Anwalt des Landes sehe das aber anders, sagt Kollerer: "Wir wollen wissen, was gilt jetzt?"

Autor

Bilder