Ambulante Pflege Sozialverband VdK startet große Umfrage

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Den größten Pflegedienst in Deutschland stellen Menschen, die ihre Angehörigen zuhause pflegen. Foto: dpa/Jana Bauch

Rund 70 Prozent aller Pflegebedürftigen werden zuhause versorgt. Wie es ihren Angehörigen dabei geht, dringt selten in die Öffentlichkeit. Das will der Sozialverband VdK ändern und mit einer bundesweiten Befragung Fakten und Daten gewinnen, die in die geplante Pflegereform einfließen sollen.

 
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Bayreuth - Sie pflegen ihre Ehepartner, ihre Eltern oder ihre behinderten Kinder. Sie geben dafür ihre Arbeitsstellen auf, leben von der Pflegeversicherung oder ihren Ersparnissen. Ihr größtes Manko: Pflegende Angehörige werden in der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen. Daran wird auch die von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn angekündigte Pflegereform nichts ändern, weil sie in erster Linie Änderungen in der stationären Pflege vorsieht, sagt Christoph Rabenstein, Kreisvorsitzender des VdK-Kreisverbandes Bayreuth. Diese aus seiner Sicht unvollständige Gewichtung will Deutschlands größter Sozialverband ergänzen um die Aspekte der häuslichen Versorgung. Die Fakten und Daten sollen eine Umfrage unter pflegenden Angehörigen bringen, die der VdK zusammen mit Wissenschaftlern der Hochschule Osnabrück gestartet hat.

Zuwachs bis zu 50 Prozent

„Die im Dunkel sieht man nicht“, zitiert Rabenstein den Dichter Bertold Brecht und meint jene Menschen, die ihre Angehörigen zu Hause versorgen. „Die pflegenden Angehörigen sind der größte Pflegedienst der Nation“, betont der Kreisvorsitzende. In Bayern lebten im Jahre 2019 rund 491.996 pflegebedürftige Menschen. Der überwiegende Teil, genau 71 Prozent, also 349.888 Menschen, wurden zuhause gepflegt. 232.506 Menschen wurden allein durch ihre Angehörigen betreut, 117.382 erhielten Unterstützung durch einen Pflegedienst. Nach einem Gutachten, das das bayerische Gesundheitsministerium in Auftrag gegeben habe, wird die Zahl der Menschen, die zuhause gepflegt werden, bis zum Jahr 2050 deutlich zunehmen. Den Zuwachs schätzen die Fachleute auf rund 50 Prozent. In Bayreuth leben aktuell rund 3188 pflegebedürftige Menschen. 1911 werde zuhause betreut, davon 622 mit Unterstützung eines Pflegedienstes. 1095 Menschen leben in Seniorenheimen.

Dramatische Situation

„Es herrscht eine dramatische Situation in der Pflege“, sagt Rabenstein. „Besonders in der ambulanten Pflege.“ Viele pflegende Angehörige würden bis an ihre Belastungsgrenze gehen. In erster Linie seien es Frauen, die die Pflege übernehmen. Mit den Ergebnissen der Umfrage, die sich nicht nur an VdK-Mitglieder wendet, sondern an alle Menschen, die zuhause einen Angehörigen pflegen, und den daraus gezogenen wissenschaftlichen Erkenntnissen wolle der Sozialverband VdK als Lobby der pflegenden Angehörigen Einfluss nehmen auf die geplante Pflegereform, sagt Christian Hartmann, Geschäftsführer des VdK-Kreisverbandes Bayreuth.

Drei Defizite

Dabei gebe es in Stadt und Landkreis Bayreuth allein schon drei große Mängel, die unbedingt beseitigt werden müssen. Dazu gehöre laut Rabenstein die zu geringe Zahl an Plätzen in der Kurzzeitpflege und, noch gravierender, die Tatsache, dass es keine Nachtpflegeplätze gebe. Gerade dieses Angebot sei für pflegende Angehörige von Demenzkranken, die nachts aktiv werden, von besonderer Bedeutung. Und alles drittes Manko führen Rabenstein und Hartmann an, dass es in Bayreuth keinen Pflegestützpunkt gebe. Eine zentrale Anlaufstelle für Angehörige sei eine immens wichtige Einrichtung, sagt Rabenstein, um Menschen mit Informationen dabei zu helfen, sich im Pflegedschungel zurecht zu finden. Eigentlich solle in allen größeren Städten Pflegestützpunkte installiert werden. Der nächste in Oberfranken befinde sich in Coburg.

Drei Bereiche

Diese drei Defizite stellten jedoch nur ein Bruchteil der vielen Defizite dar, die bundesweit im ambulanten Pflegebereich existierten, sagt Rabenstein. Mit der bundesweit stattfindenden Umfrage sollen die Defizite gesammelt, wissenschaftlich aufbereitet und dann in die Politik getragen werden, um in die Diskussion um die Pflegereform einzufließen.

Die Umfrage ist in drei Bereiche geteilt: Im ersten Bereich werden Fragen an Menschen gestellt, die zuhause gepflegt werden. Der zweite Bereich richtet sich an pflegende Angehörige und der dritte an (noch) nicht Betroffene, die aber Interesse am Thema ambulante Pflege hegen. Die Teilnahme kann auf zwei wegen erfolgen: Man kann die Fragebogen im Internet auf der Seite des VdK (www.vdk.de/pflegestudie) ausfüllen. Die zweite Möglichkeit: In den Kreisgeschäftsstellen stehen geschulte Mitarbeiter bereit, Anrufer telefonisch beim Ausfüllen der Fragebogen zu unterstützen. Der Datenschutz, sagt Hartmann, werde selbstverständlich gewahrt.

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