Beste aller Opern: „Figaro“
Seine „,Hochzeit des Figaro“ sei die beste je geschriebene Oper, posaunt der pfauenhafte Selbstdarsteller ausgerechnet seinem Widersacher entgegen. Salieri erkennt darin tatsächlich „das Perfekteste, das je geschrieben worden ist“ und beschließt, seinen Konkurrenten zu vernichten. „Ich habe nicht auf dieser Welt gelebt, um dir als Witz zu dienen.“
Vertraut ärgstem Feind
Es ist so bitter: Das gefühlsgesteuerte Genie, das Gefühle musikalisch perfekt auszudrücken vermag, kann sich kein bisschen in andere einfühlen. Ausgerechnet seinem ärgsten Feind vertraut er: „Sie sind ein grundguter Mensch und ich bin ein Narr.“
In einer der stärksten Szenen der Wunsiedel-Inszenierung sucht Mozart sterbenskrank noch Schutz auf Salieris Schoß. Dieser empfindet jetzt erst Mitleid „für den Mann, den ich zugrunde gerichtet habe“.
Hartwig spricht hessisch als Kaiser
Und der Kaiser? Versteht zwar nichts von Musik – „zu viele Noten, viel zu viele Noten“ – gibt dem ungestümen Mozart aber zumindest eine Chance. Der ehemalige Fußballnationalspieler Jimmy Hartwig interpretiert den österreichischen Kaiser in Wunsiedel kernig und direkt. Mit hessischem Dialekt setzt Hartwigs Joseph II. einen klaren Kontrapunkt zum artifiziellen Gesäusel der Hofschranzen. Diese geben in präzise abgestimmtem Ensemblespiel Julian Niedermeier als Graf von Strack, Lukas Schöttler als Van Swieten und Jens Wassermann als Graf Orsini-Rosenberg, außerdem die beiden Venticelli-Darstellerinnen Lisa Mader und Nikola Norgauer. Wunderbar, wie diese zwei Mädels synchron plappern und endlos mit Lichterketten klappern.
Zaubrisches Licht
Bis auf Mozart und Salieri kommt in Wunsiedel alles in weiß daher – die Kostüme (Marion Hauer) ebenso wie das Bühnenbild (Sabine Lindner). Nur wenige Requisiten, darunter eine breite Treppe, zwei Schaukeln und Mozarts Flügel, ergänzen Wald und Fels. Fantastisch wird es auf der Freilichtbühne, wenn die Zauberflöte ertönt: Dann funkeln alle Bäume in wahrlich zaubrischem Licht.
Turtelnde Seifenblasen
Zweimal turteln sogar Seifenblasen über die Bühne, um die verspielte Liebe zu symbolisieren, die das „Wolferl“ mit dem „Stanzerl“ verbindet. Janina Raspe als Constanze zeigt den Wandel vom naiven Mädchen zur geprüften Ehefrau, die funktionieren muss. Sinnbildlich gebiert sie selbst ihr Kind lapidar: raus mit dem Kissen unterm Bauch, weiter im Text. Doch die Seifenblasen kehren zurück – das „Stanzerl“ hält trotz aller Enttäuschungen an seinem „Wolferl“ fest. Prompt folgt die elementarste aller Enttäuschungen: „Musik ist einfach, die Liebe ist schwer“, sagt das „Wolferl“ und stirbt in „Stanzerls“ Armen auf dem Klavier.
Genie-Geschichte ist Fiktion
Schön schmerzlich-tragisch endet die gut gespielte Genie-Geschichte auf der Wunsiedler Felsenbühne. Wie der 1756 geborene Komponist wirklich mit nur 35 Jahren aus seinem kurzen Leben schied, bleibt unklar. Musikwissenschaftler meinen, Mozart sei keineswegs von Salieri vergiftet worden, sondern einem Nieren- oder Herzversagen erlegen.
Prägt Mythos Mozart
Aber: Peter Schaffers zweiaktiges Schauspiel, das der Luisenburg-Inszenierung wie dem Hollywood-Film zugrunde liegt, verbindet MusikGeschichte so unterhaltsam mit Musiker-Geschichtchen, dass es längst zu den Klassikern des 20. Jahrhundert zählt. Das Stück prägte den Mythos Mozart – und inspirierte Falco zu seinem Hit „Amadeus“. Historische Wahrheit hin oder her – die intrigenreiche Fantasiegeschichte macht sich auf Leinwänden so gut wie auf Brettern, die die Welt bedeuten – auch auf denen in Wunsiedel.