Am Thurnauer Schloss wird ein Institut für fränkische Landesgeschichte aufgebaut Der erste Historiker ist eingezogen

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Im Thurnauer Schloss sollen künftig zwei Institute ihren Sitz haben: Neben dem Forschungsinstitut für Musiktheater der Universität Bayreuth soll dort ein Institut für fränkische Landesgeschichte einziehen. Während der Lehrstuhlinhaber noch gesucht wird, hat ein erster Mitarbeiter sein Büro im Schloss bezogen.

 
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Es ist der frühere Studienrat Marcus Mühlnikel. Sein neuer Arbeitsplatz liegt zwischen Hoteltrakt und Kutschenhaus. Zu Beginn des neuen Schuljahres Mitte September wechselte er zum Institut für fränkische Landesgeschichte nach Thurnau. Mühlnikel wurde dem Institut noch im Aufbau befindlichen Institut als sogenannte abgeordnete Lehrkraft für die Dauer von drei Jahren zugewiesen.

Vom Gymnasium ins Schloss

„Ich genieße das sehr, denn hier kann ich in Ruhe und ungestört arbeiten“, sagt der promovierte Historiker, der von 2007 bis 2012 Mitarbeiter am Lehrstuhl für Neueste Geschichte der Universität Bayreuth war. Nach dem Referendariat zog es ihn mit seiner Familie für ein Jahr nach China. Danach unterrichtete er am Markgräfin Wilhelmine Gymnasium in Bayreuth, wo er den Hochbegabtenzweig mit aufbaute.

Ende vergangenen Jahres erhielt er die Anfrage, ob er sich vorstellen könne, an dem Geschichtsinstitut der oberfränkischen Universitäten Bamberg und Bayreuth tätig zu sein. „Ich habe mir das gut überlegt, denn ich bin auch gerne an der Schule“, sagt Mühlnikel. „Hier habe ich die Chance, mich weiterhin wissenschaftlich mit historischen Themen zu befassen.“ Seit dem Wintersemester 2015/16 hält er Übungen an beiden Universitäten. Neben seiner Lehrtätigkeit bringt er sich in der Bildungsforschung ein.

Studenten sollen Schloss mit Leben erfüllen

Unter seinen Studierenden sei die Marktgemeinde mit ihrem ortsbildprägenden Schloss allerdings kaum bekannt. Im nächsten Jahr plant Mühlnikel daher ein Blockseminar mit seinen Studenten in Thurnau. „Wir könnten dabei Infotexte erarbeiten, welche die Geschichte des Gebäudekomplexes beschreiben.“ Denn an Hinweistafeln mangelt es seiner Ansicht nach noch gewaltig. „Wir wollen das Schloss Stück für Stück und nachhaltig mit Leben erfüllen“, sagt er über die Ziele des Instituts.

Kurse und Fortbildungen

Zu Mühlnikel Aufgaben zählt es, konzeptionelle Ideen für das Institut zu entwickeln. Und die hat er zuhauf. So könnte im Schloss eine Anlaufstelle für Lokalhistoriker eingerichtet werden. In dem Geschichtszentrum könnten sie forschen und sich austauschen. „Eine andere Möglichkeit wäre, Kurse in historischen Hilfswissenschaften anzubieten“, erläutert Mühlnikel, zum Beispiel über Archivarbeit oder das Lesen alter Schriften. Fortbildungen für oberfränkische Lehrer seien im Schloss ebenfalls denkbar, wie es vor einiger Zeit bereits angedacht war.

Professur soll 2016 besetzt werden

In welche Richtung es in den nächsten Jahren genau gehen wird, lässt sich erst sagen, wenn die Stelle der Institutsleitung besetzt ist. Wann das 2016 der Fall sein wird, ist noch nicht ganz klar. Für die W3-Professur für fränkische Landesgeschichte läuft nach Angaben der Universität Bayreuth derzeit das Berufungsverfahren. Vermutlich wird der Lehrstuhlinhaber die Stelle nicht, wie ursprünglich vorgesehen, im April antreten, sondern erst im Oktober nächsten Jahres.

Nordflügel im Jahr 2019 bezugsfertig

Wenn der Nordflügel des Schlosses renoviert ist, soll das Institut dort einziehen. In der Übergangszeit werden die Büroräume im Carl-Maximilian-Bau untergebracht sein. Nach der aktuellen Planung soll der Umbau im Jahr 2019 fertig sein. Wie Klaus Bodenschlägel vom Landratsamt in Kulmbach sagt, werden dafür vom Bund 4,1 Millionen Euro Zuschüsse erwartet. „Die Uni kann den Pulverturm und zwei Drittel des Nordflügels nutzen.“ Bodenschlägel ist im Kreis der Ansprechpartner für das Schloss, das der Gräflich Giech’schen Spitalstiftung gehört. Die Förderung stammt aus einem Fonds für Städtebauprojekte von nationalem Rang. Die Oberfrankenstiftung fördert das Institut in den ersten fünf Jahren mit vier Millionen Euro.

Museale Nutzung

„Meine Arbeit ist sehr vielseitig und es macht Spaß, sich mit so vielen verschiedenen Menschen auszutauschen“, sagt Mühlnikel nach den ersten Arbeitswochen im Schloss, das er „eine Bereicherung für die Gemeinde“ hält. Wenngleich der Unterhalt und der Ausbau ein finanzieller Kraftakt seien. Der Historiker wünscht sich, dass ein Teil der Räume eines Tages als Museum genutzt würden. „Man könnte am Beispiel Thurnau die Lebenswelt der fränkischen Reichsritter darstellen.“

Das Leben der fränkischen Reichsritter

Jene Fürstentümer seien typisch für die Region. Die Reichsritter seien nur dem Kaiser unterstellt und mit der Hochgerichtsbarkeit Herren über Leben und Tod ihrer Untertanen gewesen. Ein Teil der noch vorhandenen Familienbestände der letzten Schlossherren soll demnächst öffentlich gezeigt werden. Die Ausstellung dieser „Fundstücke“ ist Mühlnikel zufolge im nächsten Jahr geplant, voraussichtlich im Töpfermuseum. Das Archiv der Familie Giech, Akten und Urkunden, befindet sich im Staatsarchiv in Bamberg.

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