Banse: „Nein, das ist ja das gefährliche an Nierenkrankheiten. Die Vergiftung ist ein schleichender Prozess, der Patient fühlt sich unspezifisch krank. Bemerkt wird es meist erst, wenn der Nierenschaden fortgeschritten ist. Deshalb sollte man sich, wenn man Diabetes oder Bluthochdruck hat, regelmäßig untersuchen lassen, gerade weil man eine fortgeschrittene Nierenerkrankung selten wegtherapieren kann. Das Problem ist: Menschen mit einer Nierenerkrankung fühlen sich müde, unkonzentriert, weniger leistungsfähig. Doch viele, gerade ältere Patienten, schieben das auf ihre Lebensumstände, nicht auf eine mögliche Nierenerkrankung.“
Wie wird eine Nierenerkrankung festgestellt?
Banse: „Die Symptome sind sehr unspezifisch, deshalb muss der Arzt sehr genau hinsehen. Hilfreich sein kann eine Urinuntersuchung, bei der ein Arzt sehen kann, ob Eiweiß, Blut oder Zucker im Urin sind. Ein guter Hinweis kann auch der Kreatininwert im Blut sein. Erst wenn einer dieser Werte deutlich erhöht ist, wird ein Spezialist konsultiert. Kardiologen haben es da deutlich leichter: Wenn ein Patient belastungsabhängig Luftnot hat und Brustschmerzen, wissen alle, dass er wahrscheinlich Probleme mit dem Herzen hat. Solche Aufklärungskampagnen gibt es für Nierenleiden nicht, weil die Symptome sehr diskret sind.“
Was schadet den Nieren?
Banse: „Etwa die Hälfte der Nierenschäden werden durch Diabetes oder Bluthochdruck erzeugt. Diese chronischen Nierenerkrankungen sind besonders tückisch, weil der Verlauf schleichend ist und die Patienten die Symptome nicht ernstnehmen. Die Nieren können jedoch auch von inneren Entzündungen oder auch durch Vergiftungen wie etwa Blutvergiftungen, falsch dosierte Medikamente oder andere Gifte geschädigt werden. Dann sind die Symptome akuter, innerhalb einer Woche kommt es zu Blutdruckabfall und Schwäche, Störungen der Urinausscheidung und zudem oft Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma“
Was passiert, wenn die Nieren ganz ausfallen?
Banse: „Das ist, als würde man jeden Tag ein Glas Gift trinken - man vergiftet sich innerlich. Wenn die Nieren ausfallen, kann sich Wasser in der Lunge und im gesamten Körpergewebe ablagern, man wird schläfrig, bekommt Herzprobleme und der Kreislauf bricht zusammen. Deshalb muss in der chronischen Behandlung das Blut etwa drei Mal pro Woche für vier Stunden durch eine Dialyse gereinigt werden, damit die Gifte ausgewaschen werden. Jüngeren Patienten empfehlen wir perspektivisch jedoch immer eine Transplantation, die Dialyse sollte nur eine Überbrückung sein. Im Idealfall spendet ein naher Angehöriger eine Niere, da diese meist auch besser vom eigenen Körper angenommen wird. Sowohl Spender als auch Empfänger können dann ganz normal weiterleben.“
Und wenn sich kein naher Angehöriger findet, der sich für eine Spende bereiterklärt?
Banse: „Findet sich kein naher Angehöriger, ist der Patient auf eine Spende eines Verstorbenen angewiesen. Jedoch ist die Spendenbereitschaft derzeit so gering und der Bedarf nach den Organen so hoch, dass die Wartezeit aktuell bei etwa fünf Jahren liegt. Solange muss der Patient dreimal wöchentlich zur Dialyse gehen.“
Wie kann man anlässlich des heutigen Weltnierentags den Nieren etwas Gutes tun?
Banse: „Gerade ältere Menschen sollten darauf achten, ausreichend zu trinken. Etwa eineinhalb Liter täglich sollten es mindestens sein. Risikopatienten mit Übergewicht, Diabetes oder Bluthochdruck sollten den Tag zum Anlass nehmen, eine Vorsorgeuntersuchung machen zu lassen.“
Das Gespräch führte Christina Holzinger