Ärger mit Krankenkasse Kampf um Dauerrezept für Physiotherapie

Peter Rauscher
Mit nur einem Rezept für Physiotherapie ist Jutta Hörmann nicht geholfen – sie braucht die Behandlung langfristig. Eine Genehmigung dafür erhielt sie von ihrer Krankenkasse aber nicht. Foto: //Oliver Berg

Ohne Physiotherapie hat Jutta Hörmann Knieschmerzen und kann nicht arbeiten. Die Behandlung zahlt sie aber aus eigener Tasche. Ihre Bemühungen um eine langfristige Genehmigung der Behandlung durch die Krankenkasse sind vorerst gescheitert.

 
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Pottenstein - Jutta Hörmann leidet an einer Knieerkrankung. Schmerzfrei und damit arbeitsfähig ist sie nur, weil sie die Behandlung durch Physiotherapie seit Jahren selber zahlt. Als gesetzlich Krankenversicherte kämpft sie darum, dass die Kasse die Kosten für die aus ihrer Sicht notwendige Behandlung endlich übernimmt.

Die Schmerzen blieben

Die 59-jährige Pottensteinerin berichtet, dass sie seit mehr als 20 Jahren unter schwerer Arthrose im rechten Knie leidet. Das Kniegelenk entzündete sich immer wieder und schmerzte. Im Jahr 2014 verletzte sie sich zudem bei einem Autounfall schwer am Sprunggelenk des rechten Fußes, ihr Fersenbein wurde völlig zertrümmert. Die Heilung nach der Operation dauerte Monate, sie war auf Krücken angewiesen, doch die Schmerzen blieben vorerst. Besserung und teilweise auch Abhilfe verschafften ihr vor allem Heilpraktiker, chinesische Medizin und wöchentliche Physiotherapie. Seitdem sei sie relativ schmerzfrei unterwegs und könne ihren Beruf als selbstständige Huforthopädin für Pferde wieder ausüben, sagt sie.

Seit sechs Jahre aus eigener Tasche

Für die Kosten der nötigen Behandlung kam und kommt sie selbst auf. Das betrifft nicht nur Heilpraktiker und Osteopathen, sondern auch die regelmäßige Physiotherapie. „Seit sechs Jahren zahle ich dafür jede Woche 24,50 Euro“, sagt sie. Das belaste sie finanziell immer noch weniger , denn würde sie auf diese Behandlung verzichten, wären nicht nur erneute Entzündung des Kniegelenks, sondern auch weitere schmerzhafte Bewegungseinschränkungen aufgrund des deformierten Fußes die Folge.

Es geht auch ohne künstliches Knie

Ärzte hätten ihr in den vergangenen Jahren mehrfach zum Einsatz eines künstlichen Knies geraten. Jutta Hörmann will das jetzt noch nicht, um dem altersbedingten Risiko entgegenzuwirken, sich in späteren Jahren erneut einer solch großen Operation unterziehen zu müssen. Denn die Lebensdauer eines künstlichen Kniegelenks liege derzeit im Schnitt bei 15 Jahren, und die Prothese lasse sich auch nicht beliebig oft austauschen. Als Kassenpatientin wundert sie sich, „dass ich mein Knie jederzeit mehrfach operieren lassen könnte, jedoch keine finanzielle Unterstützung für viel preiswertere prophylaktischen Maßnahmen erhalte“. Sie kommt ja auch so gut mit regelmäßiger Physiotherapie zurecht.

Sechs Behandlungen sind üblich

Üblicherweise werde ein Rezept für Physiotherapie nur für sechs Behandlungen ausgestellt. Es gäbe auch die Möglichkeit einer so genannten langfristigen Genehmigung von Heilmitteln wie der Physiotherapie. Das regelt die am 1. Januar geänderte Richtlinie zum Heilmittelbedarf. Danach erkennen Krankenkassen langfristigen Heilmittelbedarf an, „wenn die übliche „Behandlungsmenge nicht ausreicht, um das Therapieziel zu erreichen“. Der Vorteil: Der Patient braucht sich nicht jedes Mal nach sechs Anwendungen zeitaufwendig ein neues Rezept besorgen, Ärzte und Patienten werden also deutlich entlastet. Voraussetzung für die Anerkennung des langfristigen Heilmittelbedarfs ist: Die Behandlung muss fortlaufend für mindestens ein Jahr nötig sein. Und die Diagnose muss entweder auf einer Liste enthalten oder die langfristige Heilmittelanwendung muss von der Krankenkasse genehmigt sein.

Kasse lehnt ab

Dass sie diesen Antrag überhaupt stellen kann, erfuhr sie eher zufällig von einem, Orthopäden. Mit dessen Diagnose „schwere Pangonarthrose“, die auf der Liste nicht enthalten ist, beantragte Jutta Hörmann daraufhin eine solche Anerkennung. Anfang Dezember aber die böse Überraschung: Die Krankenkasse lehnte eine langfristige Genehmigung ab. Begründung: Ihre Krankheit befinde sich nicht auf der Liste der gesetzlich vorgesehenen Diagnosen und sei damit auch nicht vergleichbar.

Jutta Hörmann ist verärgert. Bei der Ausstellung von Kassenrezepten für Physiotherapie seien Ärzte sehr zurückhaltend, sagt sie und vermutet als Grund deren Bestreben, möglichen Regress zu vermeiden. Mehr als drei Rezepte pro Jahr seien nach ihrer Erfahrung nicht zu bekommen.

Das sagt die TK

Zum konkreten Fall von Jutta Hörmann gab die Techniker Krankenkasse, bei der sie versichert ist, dem Kurier aus Datenschutzgründen keine Auskunft. Allgemein verwies ein Sprecher darauf, aus der Begründung der ärztlichen Verordnung müsse hervorgehen, „dass eine mit der Diagnoseliste vergleichbare schwere und langfristige Erkrankung vorliegt und deshalb die Notwendigkeit einer fortlaufenden Heilmitteltherapie über mindestens ein Jahr besteht“.

Warum sie die langfristige Genehmigung nicht bekommen soll, kann Jutta Hörmann nicht verstehen. Sie will sich gegen die Ablehnung wehren und auch stellvertretend für andere Betroffene darum kämpfen. Sie sagt, es sei ein mühseliger Weg durch Paragrafen, Verordnungen, Listen und vor allem gegen Desinteresse.

Info: Eine Liste der anerkannten Diagnosen für langfristige Heilmittelverordnung ist im Internet zu finden unter: https://www.kbv.de/media/sp/Heilmittel_Diagnoseliste_Webversion.pdf

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