Marktredwitz - Auf Otto, Wilhelm, August und Otto folgt Carolin. Ab dem neuen Jahr führt die älteste Tochter des jetzigen Brauerei-Chefs Otto Nothhaft den Betrieb in der Marktredwitzer Ottostraße weiter.
Der Jahreswechsel markiert eine Zeitenwende: In der fünften Generation übernimmt erstmals eine Frau die Verantwortung.
Marktredwitz - Auf Otto, Wilhelm, August und Otto folgt Carolin. Ab dem neuen Jahr führt die älteste Tochter des jetzigen Brauerei-Chefs Otto Nothhaft den Betrieb in der Marktredwitzer Ottostraße weiter.
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Auf dem Papier ist die 38 Jahre alte Betriebswirtin ab Januar auch die Chefin ihres Vaters Otto und ihres Mannes Andreas, der beiden Braumeister der Familie. Doch im Alltag spiele das kaum eine Rolle, betont Carolin Nothhaft. „Wir teilen uns die Arbeit so auf, dass es passt – alle helfen mit. Wir sind eine Brauer-Familie und arbeiten zusammen, denn gerade das macht uns aus.“
Wenn der Papierkrieg für die Betriebsübergabe und die Zoll-Prüfung endlich erledigt sei, gehöre die 1882 in Marktredwitz gegründete Brauerei zwar offiziell der fünften Nothhaft-Generation, aber trotzdem laufe alles weiter wie bisher.
Und wie läuft es bisher? „Der Otto“, Carolins Vater, der die Brauerei seit 1994 führt,„ ist überall“. Daran ändere sich auch künftig nichts, sagt seine Tochter. Der 75-Jährige fahre weiter Stapler wie Lkw und kümmere sich um Spezial-Angelegenheiten wie den TÜV, solange er fit sei. Insofern sei die Übergabe eher ein schleichender Prozess. Wenn nicht gerade Pandemie sei, organisiere Otto Nothhaft auch alle Feste, stelle die Bierzelte auf und bringe sie wieder zurück.
Seine Tochter kümmert sich weiter um den kaufmännischen Teil: Buchhaltung, Kalkulation und Preisgestaltung. Dazu zähle, mit den Märkten zu verhandeln. Außerdem passt Carolin Nothhaft auf, dass die Brauerei in Facebook und Co. gut vertreten ist. Denn ohne Präsenz in sozialen Medien läuft im 21. Jahrhundert auch beim Bierabsatz nichts.
„Ich habe nie keine Arbeit“, sagt die angehende Brauereichefin. Selbst in technischen Fragen sei sie „nicht ahnungslos“, obwohl sie das nie richtig gelernt habe: „Ich weiß schon, wie man Bier braut.“ Schließlich ist Carolin Nothhaft schon ihr Leben lang auf dem großen Firmengelände zuhause, das zwar vom Eingang an der Ottostraße aus unscheinbar wirkt, sich aber mit großen Lager- und Braugebäuden weit nach hinten den Hang hinauf erstreckt.
Angst vor ihrer neuen Rolle hat die Mutter von drei Kindern deshalb nicht: „Ich bin hier reingewachsen und weiß genau, was mich erwartet. Außerdem bin ich nicht allein.“
Wie bisher an Carolin Nothhafts Seite steht neben ihrem Vater auch ihr Mann Andreas. Dieser hat 2004 sowohl seinen Nachnamen Thoma aufgegeben, als er in eine der alteingesessensten Marktredwitzer Familien einheiratete, als auch seinen Job als Bauzeichner, um Braumeister zu werden. „Er identifiziert sich sehr mit der Brauerei“, sagt seine Frau, die ihn 2002 auf dem Altstadtfest kenngelernt hat. Otto Nothhaft weiß noch genau, dass sein künftiger Schwiegersohn ihn gleich fragte, ob er mit anpacken solle, als er Carolin zum allerersten Mal abends heimbrachte. „Da habe ich ihn noch heimgeschickt.“ Doch der junge Mann kam wieder und stieg in die Fußstapfen seines Schwiegervaters. Seit Carolin und Andreas Nothhaft drei Kinder haben – den zwölfjährigen Simon, den zehnjährige Martin und die fünfjährige Antonia – seien ohnehin meist ihr Mann und ihr Vater unterwegs. „Die beiden werden oft für Vater und Sohn gehalten – bis hin zu dem Kommentar: Der ist dem Papa wie aus dem Gesicht geschnitten“, erzählt Carolin Nothhaft.
Andreas Nothhaft wirkt, als könne er mit seiner Rolle in dem Familienbetrieb gut leben. Ebenso wie sein Schwiegervater ist er selbst Braumeister, doch um die Herstellung des Gerstensaftes kümmert sich in der Ottostraße hauptsächlich der dritte Braumeister im Bunde, Mitarbeiter Frank Seyferth. Während dieser mit seinem Team alle technischen Abläufe im Blick hat, ist Andreas Nothhaft überwiegend mit Vertragsgestaltungen, Außendienst-Tätigkeiten sowie der Betreuung von Festen und Gaststätten beschäftigt.
„In einer Brauerei gibt es immer Arbeit“, sagt der 45-Jährige, der auch die Sortiments-Gestaltung fest im Blick hat. 20 Artikel hat die Brauerei inzwischen im Angebot. Zwar laufe Andreas Nothhaft offiziell als Angestellter, aber „mein Mann unterschreibt jetzt schon sämtliche Malzkontrakte“, sagt Carolin Nothhaft. Kein Interesse an der Brauerei zeige ihre jüngere Schwester Eva: Sie lebe zwar in Marktredwitz und sei der Familie verbunden, arbeite aber als Übersetzerin. Froh über den gelungenen Generationswechsel ist Otto Nothhaft: „Ich hätte in den vergangenen Jahren nie so große Investitionen getätigt, wenn es keine Nachfolger gäbe.“
Nothhaft sei der älteste Handwerksbetrieb in ganz Marktredwitz, sagt die künftige Chefin: „Ich bin sehr, sehr stolz darauf.“ Doch diesen Stolz schmälern jede Menge Sorgen, weil die Pandemie auch die Brauereien beutelt. 1500 Hektoliter weniger Bier verkaufte der Marktredwitzer Betrieb in diesem Jahr, erklärt Andreas Nothhaft. Das sei zwar nur zehn Prozent weniger Absatz als sonst, aber viel weniger Umsatz, weil der Handel die Preise sehr hart drücke, erklärt seine Frau. Beim Bierverkauf auf Festen verdiene die Brauerei viel mehr.
„Wo gefeiert wird, da sind wir“, lautet der Lieblings-Spruch von Otto Nothhaft. Doch wegen Corona dürfe niemand feiern; es gebe kaum Feste. Hinzu komme, dass die Gastronomie „richtig kämpft“, was zu etlichen Außenständen führe, erklärt Carolin Nothhaft. „Unser Bier ist draußen, aber wir kriegen kein Geld rein.“
Trotzdem: Aufgeben komme nicht in Frage. „Es wäre ja schlimm, wenn Marktredwitz als einwohnerstärkste Stadt im Landkreis Wunsiedel keine Brauerei mehr hätte“, sagt Andreas Nothhaft. Schon deshalb müsse es unbedingt weitergehen. Seine Frau und zukünftige Chefin bekräftigt: „Wir schauen nach vorne.“
Verkaufsschlager ist das „Urhell“. Auf Platz zwei folgt das Pils, auf Platz drei das Zoigl, das die älteste Brauerei der Stadt schon seit 1882 anbietet.
Gut laufen auch unfiltrierte Biere wie der „Feuertrunk“ und „Zwitscher Kraft“, ein kalt gehopfter Doppelbock von Braumeister Frank Seyferth, außerdem das „Märzen Strandgold“.
Die künftige Chefin mag am liebsten das „Leichte Schankbier“. Es schmecke „unglaublich Hopfen-aromatisch“, „wie ein Pils mit weniger Alkohol“.