Kommt es durch den Klimawandel zu mehr Hitzewellen, macht das den Städten zu schaffen und dort vor allem den Menschen, die sowieso schon mehrfach belastet sind. "Zu den gesundheitlich gefährdeten Gruppen gehören ältere Menschen und hier vor allem ärmere, allein lebende und chronisch kranke Personen." Die Wohnungen ärmerer Haushalte seien etwa häufig schlechter isoliert. Parks lägen nicht immer einfach um die Ecke. Bunge hält daher für wichtig: Schattenplätze, kühle Räume, mehr Bänke und Trinkbrunnen sowie Dach- und Fassadenbegrünung, Rollläden oder Sonnensegel.
Die Umweltpolitik müsse einen "sehr viel genaueren Blick" darauf werfen, wer die von den Folgen der Klimaveränderungen betroffenen Bevölkerungsgruppen seien, sagt Bunge - um so Förderprogramme gezielter und effizienter umzusetzen. "Wir wünschen uns, dass das Thema Umweltgerechtigkeit einen stärkeren Eingang findet in die "großen" Umweltthemen in Deutschland, auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene."
Das Bundesbauministerium von Horst Seehofer (CSU) verweist auf bestehende Programme zur Städtebauförderung, in deren Rahmen seit mehreren Jahren Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung und das Ziel der Umweltgerechtigkeit gefordert würden. Kurz vor der Sommerpause hat das Bundeskabinett einen "Masterplan Stadtnatur" aus dem Umweltministerium beschlossen. Förderprogramme und Zuschüsse, ein Ideenwettbewerb und Informationskampagnen sollen dafür sorgen, dass Stadtplaner, Unternehmen und Privatleute mehr grüne Flächen anlegen.
Die Umweltminister der Länder haben das Thema aufgegriffen und wollen Leitlinien zu Umweltgerechtigkeit entwickeln. Berlin hat anhand von Umwelt- und Sozialdaten einen Umweltgerechtigkeitsbericht und eine entsprechende Karte erstellt.
Die Grünen im Bundestag stellten kürzlich einen Hitzeaktionsplan vor, in dem es vor allem um den Umgang von Städtern mit extremer Hitze geht. In einem Maßnahmen-Papier für mehr Klimagerechtigkeit in Deutschland fordert die klimapolitische Sprecherin, Lisa Badum, daneben unter anderem eine "Klimakomponente" im Wohngeld. "Auch Menschen mit kleinem Geldbeutel sollen es sich leisten können, in energetisch saniertem Wohnraum zu leben." Zudem plädiert Badum für Forschungsförderung im Bereich Klimawandel und Gesundheit: Klimabedingte Gesundheitsrisiken müssten stärker in den Blick genommen und die Bevölkerung frühzeitig aufgeklärt werden.
Der klimapolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Lukas Köhler, hält auch Anpassungen im Gesundheitssystem für notwendig: Große Hitze sei bei vielen Krankheiten oft besonders schwer erträglich, zudem lasse ein sich veränderndes Klima auch Krankheiten auftreten, die hierzulande bislang kaum oder gar nicht aufgetreten seien. "Darauf müssen wir unser Gesundheitssystem frühzeitig vorbereiten, etwa durch entsprechende Schwerpunkte in der medizinischen Versorgung oder im Medizinstudium."
Union-Fraktionsvize Georg Nüßlein (CSU) erkennt das Problem, warnt aber vor zu großen Erwartungen. "Leider werden wir mit unserer Umweltpolitik auch nicht jede Ungerechtigkeit ausgleichen können." Er sieht die Politik vor einem Dilemma: Wenn für den Klimaschutz Preise für Heizen und Verkehr teurer würden, "trifft das logischerweise den Ärmeren deutlich mehr, als den, der finanziell bessergestellt ist".