Noch immer birgt das Stonehenge-Monument im Süden von England viele Rätsel: Wozu diente die Anlage und wie schafften die Menschen vor rund 5000 Jahren die monumentalen Steinblöcke herbei?
Teils aus England, teils aus Wales: Für viele Steinblöcke von Stonehenge kennt man die Herkunft. Doch der Altarstein kam wohl von besonders weit her. Zum Transportweg gibt es einen Verdacht.
Noch immer birgt das Stonehenge-Monument im Süden von England viele Rätsel: Wozu diente die Anlage und wie schafften die Menschen vor rund 5000 Jahren die monumentalen Steinblöcke herbei?
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Nun ergibt eine Analyse: Der im Zentrum der Anlage liegende sogenannte Altarstein – fast fünf Meter lang und sechs Tonnen schwer – stammt wohl von besonders weit her: aus dem etwa 750 Kilometer entfernten Nordosten von Schottland.
„Unsere Entdeckung zur Herkunft des Altarsteins unterstreicht ein beträchtliches Niveau an gesellschaftlicher Koordination in der Jungsteinzeit und zeigt ein faszinierendes Bild des vorgeschichtlichen Britannien“, erklärt Ko-Autor Christopher Kirkland von der Curtin University in Perth. „Eine so schwere Fracht über Land von Schottland nach Südengland zu transportieren, wäre extrem herausfordernd gewesen, was auf eine wahrscheinliche Schiffsroute entlang der britischen Küste hindeutet.“
Der Bau von Stonehenge begann möglicherweise vor etwa 5000 Jahren, wie das Forscherteam um Anthony Clarke von der Curtin University im Fachjournal „Nature“ schreibt. Allerdings wurde die Anlage in den folgenden zwei Jahrtausenden wiederholt verändert.
Die weitgehend kreisförmig angeordneten Sandstein-Blöcke bestehen weitgehend aus zwei größeren Kategorien:
Das Team um Clarke analysierte nun zwei Proben des Altarsteins auf Chemie und Alter der Mineralien Zirkon, Apatit und Rutil. Während das Zirkon zwischen ein und zwei Milliarden Jahre alt ist, sind die anderen beiden Mineralien etwa 450 Millionen Jahre alt. Dieser chemische Fingerabdruck des Steins passe zum sogenannten Old-Red-Sandstein, Ablagerungen aus dem Nordosten von Schottland.
„Dieser Stein hat einen furchtbar langen Weg hinter sich“, erklärt Co-Autor Nick Pearce von der Aberystwyth University in Wales. „Das ist die längste Reise, die jemals für einen bei einem Monument benutzten Stein aus dieser Epoche dokumentiert ist.“
Sollte die ermittelte Herkunft tatsächlich zutreffen, steht die Forschung nun vor einem weiteren Rätsel. „Angesichts des schottischen Ursprungs werfen die Resultate faszinierende Fragen auf. Etwa wie ein so schwerer Stein um etwa 2600 v. Chr. über eine solche Distanz transportiert wurde“, betont Erstautor Clarke.
Dass der Block auf natürliche Weise von Schottland zur Hochebene Salisbury Plain transportiert wurde, etwa durch Gletscher während der Eiszeit, schließt das Team weitgehend aus. Es geht davon aus, dass Menschen den Stein in das Areal brachten. Fernreisen seien für die damalige Zeit eindeutig belegt.
Für den Transport des Megalithen sei allerdings der Landweg durch bergiges und zusätzlich dicht bewaldetes Terrain unwahrscheinlich, selbst bei Verwendung von Lasttieren, schreibt die Gruppe.
Dagegen wisse man, dass schon damals Tiere und Waren auch über weite Strecken auf dem Meer transportiert wurden. So sei die Feldmaus (Microtus arvalis) schon vor etwa 7000 Jahren von Kontinentaleuropa auf die nordostschottischen Orkney-Inseln gebracht worden, schreiben die Forscher.
Dokumentiert sei zudem ein in der südwestenglischen Grafschaft Dorset gefundener großer Mahlstein, der ursprünglich aus der Normandie stammt – also per Schiff gebracht worden sein muss. Zudem sei der Transport von Sandsteinblöcken auf Flüssen in Britannien seit mindestens 1500 v. Chr. belegt.
Dennoch seien noch Fragen offen, sagt Co-Autor Richard Bevins aus Aberystwyth. „Auch wenn wir jetzt sagen können, dass dieser Kultfelsen aus Schottland und nicht aus Wales stammt, geht es nun darum festzustellen, wo genau aus Nordostschottland der Altarstein herkommt.“