60 Minuten Training im Alter von 60 plus

Raus zum Walken oder Wandern, das hält auch im Alter gesund. Foto: red Foto: red

Wie bleibt man möglichst fit im Alter? Fragen zu diesem Thema beantworteten in einer Kurier-Telefonaktion am Mittwoch Prof. Ingo Froböse und Prof. Klara Brixius von der Deutschen Sporthochschule in Köln. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten:

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Bisher habe ich kaum Sport gemacht. Mit meinen 74 Jahren merke ich, dass alles nicht mehr so leicht geht wie früher. Ist in diesem Alter überhaupt noch eine Verbesserung von Kraft und Beweglichkeit zu erwarten? Oder kann man wenigstens verhindern, dass die Probleme größer werden?

Neuere Forschungsergebnisse zeigen, dass man mit guten Bewegungsprogrammen auch im höheren Alter vielen Erkrankungen vorbeugen kann. Schon von leichten körperlichen Aktivitäten können ältere Menschen sehr profitieren. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) hat mit Unterstützung des Verbandes der Privaten Krankenversicherung (PKV) extra dafür ein Programm aufgelegt. Viele Übungsvorschläge können Sie auf der Webseite des Präventionsprogramms unter www.älter-werden-in-balance.de finden.

Gibt es auch spezielle Sport-Kurse für Ältere?

Ja, die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung hat für die 60-Plus-Generation das AlltagsTrainingsProgramm (ATP) entwickelt. Seit letztem Jahr wird es von vielen Sportvereinen im ganzen Bundesgebiet angeboten - kostenlos. In der Kursdatenbank unter www.aelter-werden-in-balance.de/atp/kurs-datenbank/ können Sie sehen, ob es schon Kurse in Ihrer Nähe gibt. Falls Sie keinen Kurs finden, schauen Sie nach einiger Zeit wieder nach - es kommen immer wieder welche dazu.

Wie oft finden diese Kurse statt? Was wird geübt?

Sie trainieren einmal pro Woche 60 Minuten lang unter Anleitung von geschulten Übungsleitern. Dabei lernen Sie, wie Sie mehr Bewegung in Ihren Alltag einbauen können. Sie werden drinnen und draußen viele Trainingsmöglichkeiten finden. Dazu brauchen Sie weder Trainingsbekleidung noch Fitnessgeräte. Schon nach einigen Wochen werden Sie über mehr Kraft und Ausdauer und eine bessere Koordinationsfähigkeit verfügen.

Bei mir ist der Schulter-Nacken-Bereich sehr verspannt. Das schmerzt. Auf Grund hoher Belastung auf der Arbeit und zu Hause komme ich nicht mehr zum Sport. Ich bin 64 Jahre alt. Wie komme ich zu Bewegung, die mir gut tut?

Stress setzt sich auch in den Muskeln fest. Daher empfehle ich Ihnen zuerst einmal Ausdauertraining, das gegen den Stress wirkt: Walking, Spaziergänge, Rad fahren ...  Hilfreich sind auch die Tipps aus der „Älter werden in Balance-Bewegungspackung“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Die Packung enthält 25 handliche Karten mit Übungen für die 60-plus-Generation und kann kostenlos bei der BZgA bestellt werden (siehe Infokasten). Damit lassen sich systematisch Arme, Schultern, Rücken, Bauch und Beine mobilisieren und kräftigen. Die Übungen können Sie in Ihren Tagesablauf einbauen, vielleicht 10 Bewegungsminuten gleich nach dem Aufstehen.

Bisher habe ich täglich mein Ergometer genutzt. Vor einem dreiviertel Jahr habe ich mir als Folge einer Erkrankung den Oberschenkel gebrochen. Kann ich jetzt wieder auf das Gerät?

Ja, das sollten Sie. Auf dem Ergometer ist Ihr Oberschenkel nicht in Gefahr. Bewegung stimuliert den Stoffwechsel und stärkt die Muskeln. Das ist für Sie optimal.

Ich leide an Polyneuropathie. Meine Beine werden immer schwächer. Was kann ich dagegen tun - ohne dass ich falle?

Um die Kraft in den Beinen zu erhalten, reicht ein leichter Reiz. Dazu ist das Fahrrad-Ergometer ideal. Sie sitzen sicher und stabil. Es sollten  mindestens 60 Umdrehungen pro Minute sein. Außerdem empfehle ich Ihnen zwei einfache Übungen. Erstens den Zehenstand: Halten Sie sich an der Tischkante fest, stellen Sie sich auf die Zehenspitzen und senken dann die Fersen wieder ab. Wiederholen Sie das, bis die Waden richtig müde sind. Zweitens: Kniebeuge mit Hilfe eines Küchenstuhls, auf den Sie sich im Wechsel kurz setzen und gleich wieder aufstehen. Wiederholen Sie das, bis die Muskeln leicht brennen.  

Ich habe eine Krebs-Operation hinter mir und bin noch sehr schwach. Bei einem Spaziergang brauche ich viele Pausen. Wie komme ich zu mehr Fitness?

Bleiben Sie geduldig. Fünf Minuten spazieren gehen ist ein guter Anfang. Stück für Stück lässt sich die Strecke verlängern. Nach ein paar Tagen schaffen Sie vielleicht sieben Minuten, dann zehn und bald eine halbe Stunde. Erhöhen Sie das Tempo nur, soweit die Atmung ruhig fließt. Gehen Sie möglichst täglich, mindestens aber dreimal in der Woche. Wichtig ist auch, dass Sie sich Ihre Erfolge vor Augen halten und zufrieden mit sich sind. Bedenken Sie auch, dass es Tage geben wird, an denen es besser klappt als an anderen. Wichtig ist, dass Sie dran bleiben!

Bei mir wurde ein Wirbelgleiten im Lendenwirbelbereich diagnostiziert. Mein Orthopäde riet mir, nicht mehr ins Fitness-Studio zu gehen, sondern mich zu schonen.  Kann ich nun gar nichts mehr machen?

Sie sollten sich auf jeden Fall weiter bewegen. Sonst würden alle Muskeln, Gelenke, Bänder verkümmern. Vielleicht können Sie doch noch einige Übungen durchführen. Prüfen Sie selbst, was geht. Vielleicht kann Ihnen der Orthopäde ein Rezept für Physio-Therapie ausstellen. Beim Therapeuten können Sie gezielt Übungen erlernen, die für Sie geeignet sind.

Vor zwei Jahren hatte ich eine Hüftoperation. Das Laufen wird immer schlechter. Ich bin jetzt 88. Lässt sich da noch etwas machen?

Zwei Übungen können Ihnen helfen. Die erste stärkt die Gesäßmuskulatur, die wichtig für das Hüftgelenk ist. Gehen Sie ganz leicht aus dem Stand in die Knie, nur 20 bis 30 Zentimeter runter und dann wieder hoch. Üben Sie, bis Sie erschöpft sind. Die zweite Übung geht so: Stellen Sie sich auf das gesunde Bein und spreizen Sie das betroffene Bein seitlich ab. Das trainiert die seitliche Muskulatur. Dadurch wird sie stabiler und stützt ihre Hüfte wie ein Stoßdämpfer. Auch für die zweite Übung gilt: solange abspreizen bis die Muskeln brennen.

Ich wandere einmal in der Woche in einer Senioren-Wandergruppe. Reicht das, um fit zu bleiben?  

Wandern trainiert fast alle Muskeln und stabilisiert Knochen, Gelenke, Sehnen und Bänder. Es bringt den Kreislauf auf Trab und senkt damit das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Wandern ist hervorragend für Ihren Kopf! Die Wärme- und Kältereize im Freien aktivieren das Immunsystem. Passionierte Wanderer verfügen mit der Zeit auch über mehr Atemvolumen und eine höhere Lungenkapazität. Gut wäre, wenn Sie Ihr Fitness-Programm mit Kraft- und Beweglichkeitsübungen ergänzen könnten, um die großen Muskelgruppen zu stärken. Die sind wichtig, wenn man lange mobil bleiben will.

Welche Übungen sind geeignet, die großen Muskelgruppen zu kräftigen? Kann man zu Hause üben?

Ja, zu Hause lässt sich ein ordentliches Muskeltraining machen, immer 20-30 Wiederholungen, solange bis die Muskeln brennen. Erst dann können sie wachsen. Ein paar Beispiele: Kniebeugen, Liegestütze, Wippen in den Zehenstand – immer hoch und runter im Wechsel, im Sitzen auf der vorderen Stuhlkante den Oberkörper vor- und zurückbeugen ohne sich anzulehnen.  Treppensteigen bei jeder Gelegenheit, dabei immer eine Treppenstufe auslassen. Das gibt noch mehr Kraft in den Oberschenkeln. Viele Übungsbeispiele finden Sie auch unter www.aelter-werden-in-balance.de.

Wie oft und wie intensiv sollte man sich bewegen, damit es der Gesundheit auch wirklich nützt?

Schon 20 Minuten moderate Bewegung pro Tag – das sind zweieinhalb Stunden in der Woche – senken das Risiko von Pflegebedürftigkeit deutlich. Das Herz-Kreislauf-System wird gestärkt und auch die Knochenstruktur. Damit ist man vor Stürzen und Brüchen besser geschützt. Muskeln und Gelenke brauchen Bewegung, um den Menschen bis ins hohe Alter mobil zu halten. Außerdem steigert körperliche Aktivität das Wohlbefinden und sorgt für gute Laune. red

Info: Die Bewegungspackung kann kostenlos bestellt werden der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, 50819 Köln

Internet: www.bzga.de/infomaterialien

Fax: 0221/8992257

E-Mail: order@bzga.de

Autor

Bilder