2014 drei Prozent weniger neue Ausbildungsverträge Handwerkskammer in Bayreuth: Zu wenig Lehrlinge

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Ganz so schlimm wie vor einem Jahr befürchtet, kam es dann doch nicht. Aber der Rückgang bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen im oberfränkischen Handwerk hat sich auch 2014 fortgesetzt. Die Handwerkskammer (HWK) will deshalb an mehreren Stellschrauben drehen, um diesem Trend entgegenzuwirken.

Mit einer Postkartenaktion hofft das Handwerk, die Vorzüge des Meisterbriefs auch in Brüssel plausibel machen zu können. Bei der Handwerkskammer Oberfranken hoffen (von links) Präsident Thomas Zimmer, Geschäftsführer Rainer Beck, Vizepräsident Matthias Graßmann, Geschäftsführer Bernd Sauer und Hauptgeschäftsführer Thomas Koller auf regen Rücklauf der Karten. Foto: Fuchs Foto: red

Exakt 2565 neue Lehrlinge wurden bis Ende Dezember registriert. Das sind zwar 65 mehr, als zu Jahresbeginn prognostiziert, aber eben auch 78 oder rund drei Prozent weniger, als im bereits schwächelnden Jahr 2013. Das Problem sei dabei nicht das Angebot an Ausbildungsplätzen, sondern die mangelnde Nachfrage, sagte HWK-Präsident Thomas Zimmer bei der Jahres-Pressekonferenz in Wartenfels. Nicht wenige Lehrstellen bleiben unbesetzt – weil es an ausreichend qualifizierten Bewerbern fehlt, weil den Jugendlichen Arbeitszeiten und andere Anforderungen nicht passen, oder weil sie einfach nicht wissen, welche Chancen das Handwerk bietet, so Zimmer und Hauptgeschäftsführer Thomas Koller.

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Vor allem am letzten Punkt müsse gearbeitet werden, schließlich brauche gerade die stark mittelständisch geprägte Region Oberfranken mehr Fachkräfte als Akademiker. Es sei noch zu wenig bekannt, dass der Meistertitel heute zum Hochschulstudium berechtige. Es sei kaum bekannt, dass man sich auch innerhalb der beruflichen Bildung bis auf das Niveau eines Ingenieurs hocharbeiten könne. Und wer wisse schon, dass ein Handwerksmeister in seinem Berufsleben in etwa so viel verdiene, wie ein Fachhochschulabsolvent? Diese und andere Punkte gelte es, mehr Jugendlichen zu vermitteln, aber auch deren Eltern zu erreichen. Etwa über die mittlerweile 552 Handwerkspaten in oberfränkischen Schulen oder die Berufsmessen der HWK. Dabei müssten aber auch mehr Realschüler, Abiturienten sowie Studienabbrecher von den Vorzügen einer Ausbildung im Handwerk überzeugt werden. Zugleich müsse auch die Politik umdenken. Der dort oft geforderte höhere Akademisierungsgrad gehe an den Bedürfnissen der Wirtschaft vorbei.

Auf Zuwanderung angewiesen

Nur auf die Jugend zu hoffen, werde aber angesichts der demografischen Entwicklung und eines aktuellen Fachkräftebedarfs des Handwerks in der Region von aktuell gut 4000 Stellen nicht reichen, sagte Koller. Es gelte, alle Möglichkeiten auszuschöpfen. Dazu gehörten zum Beispiel auch Flüchtlinge, denen allerdings erweiterte Bleiberechte eingeräumt werden müssten. Zimmer: „Wenn unsere Betriebe einen Flüchtling ausbilden, dann müssen sie sicher sein können, dass er ihnen danach auch erhalten bleibt.“ Die vom bayerischen Handwerk ins Spiel gebrachte 3+2-Regel geht ihm dabei nicht weit genug. „Nach bestandener Gesellenprüfung sollte ein unbegrenztes Bleiberecht gewährt werden, nicht nur zwei Jahre“, sagte Zimmer. Und Vizepräsident Matthias Graßmann ergänzte: „Die aktuelle Diskussion geht teilweise völlig in die falsche Richtung. Wir sind dringend auf Zuwanderung angewiesen.“

Weitere Ansatzmöglichkeiten zur Entspannung des Fachkräftebedarfs seien die Integration von Menschen mit Handicap, vor allem aber eine Flexibilisierung beim Übergang in die Rente. Die abschlagsfreie Rente mit 63 nach 45 Beitragsjahren könnten allein in Oberfranken rund 3000 Handwerker in Anspruch nehmen, so Koller: „Deutlich mehr also, als neue Lehrverträge abgeschlossen wurden.“ Umso wichtiger sei es, erfahrene Mitarbeiter länger in den Betrieben zu behalten, indem die Politik Teilrenten attraktiver und flexibler gestalte.

Oberfrankens Handwerk

16 227 Betriebe waren Ende 2014 in der oberfränkischen Handwerksrolle verzeichnet – 39 mehr als ein Jahr zuvor. 842 dieser Betriebe haben ihren Sitz in der Stadt Bayreuth, 1802 im Landkreis.

Die Zahl der Ausbildungsbetriebe stieg um 3,1 Prozent auf 2630.

2630 Ausbildungsverträge wurden 2014 neu abgeschlossen (minus 78), davon 258 in der Stadt Bayreuth und 146 im Landkreis. Die Gesamtzahl der Auszubildenden ging um 1,1 Prozent auf 5969 zurück.

Die Mitarbeiterzahl stagnierte 2014 bei 74 200, davon 10 700 in Stadt und Landkreis Bayreuth.

Der Umsatz legte um zwei Prozent auf 7,11 Milliarden Euro zu. Für das laufende Jahr rechnet die Handwerkskammer mit einer weiteren Steigerung auf 7,2 Milliarden Euro.