Wie funktioniert das in der Behandlung? Geht das über Medikamente?
Uffmann: Man kann natürlich auch Medikamente geben. Aber im Bereich der Psychotherapie geht es um die rationale Verarbeitung und die Integration in die eigene Biografie. Diesen Part muss ich stärken. In einer kontrollierten Form müssen sich Betroffene das, was passiert ist, mit dem Therapeuten zusammen anschauen. Es braucht Zeit, sich an die Erinnerungen zu gewöhnen und alles einzuordnen. Das funktioniert auch gut in vielen Therapieformen. Man soll sich dem Erlebten also schon kontrolliert aussetzen. Geht man da aber unkontrolliert und emotional rein, kann es passieren, dass man aufs Neue traumatisiert wird. Bevor man überhaupt anfängt, eine Traumatherapie zu machen, muss man sich auch klarmachen, wie man sich da auch wieder rausziehen und ablenken kann.
Das Leben eines Soldaten ist im Krieg ständig von außen bedroht. Aber er bedroht auch das Leben anderer. Was ist belastender?
Uffmann: Das hängt von jedem einzelnen ab. In der Psychotherapie ist es sehr wichtig nachzufragen, was für den einzelnen Betroffenen die belastendste Erfahrung war. Die Antworten sind häufig überraschend. Es geht oft um Schuld. Warum habe ich mich nicht anders verhalten? Warum habe ich jemanden nicht gerettet? Das ist sehr individuell.
Was macht es mit einer Gesellschaft, wenn – wie nach dem Ersten Weltkrieg – zu Tausenden Kriegsrückkehrer integriert werden müssen, die jahrelang Furchtbares erlebt haben?
Uffmann: Die Menschen kommen alle zurück aus dem Krieg mit den Bildern, die sie belasten. Das hat natürlich einen Einfluss darauf, wie sie mit ihren Mitmenschen umgehen. Werden sie aggressiv, ziehen sie sich zurück? Es ist natürlich Aufgabe eines Gesundheitssystems, einer Gesellschaft, diese Menschen wieder aufzufangen. Die Narben, die Erinnerungen – die wird einem niemand mehr nehmen. Nur die Auswirkungen, die können abgefedert und behandelt werden. Ich war mit meinem Vorgänger hier im BKH häufig in der Ukraine und habe dort Veteranenkrankenhäuser besucht. Die Soldaten haben im Krieg gegen Russland gekämpft und haben ganz starke Probleme. Viele von ihnen sind traumatisiert, womit das System dort einfach überfordert ist. Aber es ist dringend notwendig, Hilfe zu geben.