Frauen-Weltmeisterschaft Zitterstart mit Happy End: DFB-Elf beklagt Chinas Härte

Der WM-Auftakt ist den deutschen Fußball-Frauen gegen einen starken und überhart spielenden Gegner geglückt. Teenager Gwinn erlöst die Auswahl mit dem Siegtor. DFB-Elf beklagt Chinas harte Gangart und zählt nun die Verletzten.

 
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Rennes - Die Freude über den am Ende geglückten WM-Start fiel bei den deutsche Fußball-Frauen eher gedämpft aus. Missmutig kommentierte Martina Voss-Tecklenburg das Geschehen nach dem 1:0 (0:0)-Zittersieg in Rennes gegen China.

"Es sind wenige unserer Spielerinnen ohne Blessuren aus dem Spiel gegangen", beklagte die Bundestrainerin den überharten und teils unfairen Auftritt der Asiatinnen, die nicht nur den Spielfluss zerstörten, sondern auch ihre Spuren auf Knochen, Bändern und Muskeln der deutschen Spielerinnen hinterließen.

Die 51-Jährige zählte nach dem teuer bezahlten Erfolg ein halbes Dutzend angeschlagene Akteurinnen über Kapitänin Alexandra Popp, Melanie Leupolz bis hin zu Regisseurin Dzsenifer Marozsan auf. "Das sind fast alles Sprunggelenk-Geschichten", erklärte Voss-Tecklenburg, die bei ihrer Nummer 10 sogar Schlimmeres befürchtet. "Bei Dzseni hatten wir Sorge, dass sie nicht weitermachen kann. Da wird es genauer Untersuchungen geben. Aber der Fuß sieht nicht gut aus."

Die medizinische und physiotherapeutische Abteilung hat nun viel Arbeit, die zahlreichen Verletzten bis zum zweiten Spiel der Gruppe B am Mittwoch (18.00 Uhr/ZDF und DAZN) fit zu bekommen. "Wir müssen erst mal sehen, wer dann spielfähig ist", gab sich die Trainerin skeptisch. Auch Popp verurteilte die Härte des Gegners. "Die Chinesinnen kamen immer zu spät und haben unsere Füße getroffen."

Nach schwungvollem Beginn mit guten Chancen durch einen strammen Schuss von Sara Däbritz, einen Lattentreffer von Carolin Simon und einen Kopfball von Popp knapp über das Tor verlor die DFB-Elf mehr und mehr den Faden. Und brachte sich durch zwei haarsträubende Fehlpässe im Mittelfeld von Sara Doorsoun auch noch selbst in Bedrängnis. Nur der Abschlussschwäche der zögerlichen Yang Li und dem beherzten Eingreifen von Torhüterin Almuth Schult war es zu verdanken, dass der zweimalige Weltmeister nicht in Rückstand geriet.

Die nervös agierende Doorsoun räumte ihre Fehler ein. "Das waren zwei Querschläger. Zwei solche Fehler dürfen mir in einem WM-Spiel nicht passieren. Ich muss versuchen, das ganz schnell abzuschütteln", sagte die 27 Jahre alte Innenverteidigerin. Nicht nur sie war heilfroh, dass ihre Fehler letztlich folgenlos blieben und die 19-jährige Giulia Gwinn mit ihren Siegtor in der 66. Minute den Knoten löste. "Da hatte ich ein bisschen Platz und auch ein wenig Glück", meinte die Freiburger Allrounderin zu ihrem zweiten Tor im neunten Länderspiel strahlend. "Wir haben uns ein bisschen einschüchtern lassen. Das Tor war eine Erlösung. Das wird mir immer in Erinnerung bleiben", schwärmte Gwinn, die als weitere Belohnung zur "Spielerin des Spiels" gekürt wurde.

Nach dem siebten Erfolg im achten WM-Auftaktspiel überwog im DFB-Tross die Erleichterung. Die schwer erkämpften drei Punkte vor 15.283 Fans im Roahzon Park waren Balsam auf die geschundenen Knochen. "Wichtig war, dass wir dagegen gehalten und uns zurückgekämpft haben. Ich bin einfach überglücklich. Jetzt sind wir im Turnier", bilanzierte Popp. "Wir wissen aber, dass wir uns gegen Spanien steigern müssen. Vielleicht kommt es uns entgegen, dass die Spanierinnen auch Fußball spielen wollen." Die nächsten Gegnerinnen mühten sich ebenfalls zum Auftakt und gewannen 3:1 (0:1) gegen den WM-Debütanten Südafrika.

Neben Gwinn beeindruckte ein weiterer Youngster. Zur zweiten Hälfte brachte Voss-Tecklenburg aus taktischen Gründen und der Gefahr, Marozsan womöglich auswechseln zu müssen, Lena Oberdorf. Die Gymnasiastin aus Gevelsberg, die vor zwei Tagen im Teamhotel unter Aufsicht des DFB noch eine Klausur schrieb, sollte für Stabilität und Robustheit im defensiven Mittelfeld sorgen. Was ihr eindrucksvoll gelang. Oberdorf ist mit 17 Jahren, fünf Monaten und 20 Tagen nun die jüngste deutsche WM-Spielerin der Historie und löste Ikone Birgit Prinz ab. Die Rekordnationalspielerin war bei ihrem WM-Debüt 1995 knapp zwei Monate älter und gehört in Frankreich als Teampsychologin zum DFB-Team.

Die erst seit einem Jahr für Essen in der Bundesliga spielende Oberdorf nahm den Wirbel erstaunlich gelassen, wenngleich sie einräumte: "Ich war nervöser als im Testländerspiel. Und es war schwieriger als die Klausur". Sie gewöhne sich aber langsam daran, "dass ich immer die Jüngste bin". Viel Zeit darüber nachzudenken, was sie gerade erlebe, habe sie ohnehin nicht: "Ich habe Glück, dass ich noch gar nicht realisiert habe, dass ich hier bei der WM bin."

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